Liechtensteiner Finanzskandal auf der Bühne

Zwei Theaterunternehmen haben “Für immer die Alpen” von Benjamin Quaderer hervorragend umgesetzt.
Schaan, Feldkirch Ein erstes Buch mit rund 600 Seiten, das in Liechtenstein, wo dieser Schelmenroman spielt, viel Gelächter, aber auch Schamesröte erzeugt haben muss, den Rauriser Literaturpreis und bald darauf schon die Umsetzung des Stoffs auf der Bühne: Benjamin Quaderer hat sich lautstark in die Literaturszene eingeführt. Nicht verwunderlich, dass das Schaaner Theater am Kirchplatz (TaK) auch in dieser Spielzeit zu einer Aufführung von „Für immer die Alpen“ lädt.

Im vollbesetzten Haus wurde soeben dokumentiert, dass man keine Scheu vor harten Bandagen hat und die nicht verharmlosende, aber dennoch humorvolle Aufarbeitung von an sich unlustigen, unmittelbar vor den Türen herrschenden Zuständen goutiert. Ob es dazu gleich zwei Theaterunternehmen gebraucht hat, oder ob sich das TaK nur gut aus der Schusslinie etwaig vergraulter Angegriffener bringen kann, wenn das Staatstheater Mainz nicht nur der Koproduktionspartner ist, sondern mehr oder weniger das gesamte Team stellt, sei dahingestellt.
Hochstaplergeschichte
Quaderer, 1989 in Feldkirch geboren und im Fürstentum aufgewachsen, hat sich nämlich nicht weniger vorgenommen als die Geschichte zu durchleuchten, mit der sich der Finanzplatz Liechtenstein vor einigen Jahren als Eldorado für Steuerhinterzieher in die Negativschlagzeilen gebracht hat. Nachdem es längst schon einen Dokumentarfilm über Heinrich Kieber gibt, jenem Mann, der als ehemaliger Mitarbeiter der liechtensteinischen LGT Treuhand AG vermutlich die heißen Daten an den Bundesnachrichtendienst geliefert hat, die manche deutsche Manager nervös zur Selbstanzeige trieb, lässt Quaderer seine Recherchen mit den Mitteln einer Hochstaplergeschichte zur Literatur werden.

So wie die Ankunft eines aus einer unbürgerlichen Verbindung stammenden Knaben bis zum höchsten Gipfel des Landes hörbar ist, rührt bereits der junge Johann Kaiser (man beachte den Namen) das Herz der einstigen Landesfürstin, die ihm wohlgesonnen ist und den eigenen Sohn (ja, Hans-Adam II. wird namentlich genannt), der sich lieber als Archäologe verkriechen würde, erst einmal zur Mehrung des Familien- bzw. Landesvermögens anhalten muss.
Das einzig Richtige getan
Wessen Intention das war, was dann passierte und was das alles begünstigte, an dieser Frage kann sich das Publikum in der gut eingedampften Bühnenversion abarbeiten. Regisseurin Friederike Heller begünstigt dies und tut damit das einzig Richtige und wohl auch einzig Mögliche. Sie lässt ihr Viererteam dazu im raschen Wechsel in alle Rollen der Handelnden wie des Erzählers schlüpfen. Eine Aufgabe, die Carlotta Hein, Andrea Quirbach, Thomas Beck und Julian Hansemann in dicht verschweißten Kurzszenen meistern.

Damit dies alles nicht nur ein Kriminalfall mit wahrem Hintergrund und absurden Ausmaßen oder eine allzu trockene Abhandlung zu Unmoral oder der Auslegung des Legalen ist, dürfen auch pubertäre Träume und die perfide Art, mit der Kaiser zu Beginn selbst seine Geldgeber legt, zur Wirkung kommen. Die Überzeichnungen, etwa das Auftreten der Vertreter des BND, haben manchmal etwas leicht Banalisierendes, aber dieser Eindruck weicht bald, „Für immer die Alpen“ hat Biss. Als Roman (erschienen bei Luchterhand) sowieso.


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