Ein Violoncello auf Abwegen

Der hochtalentierte Moritz Huemer brillierte bei „Quarta ¼“ mit Guldas Cellokonzert.
FELDKIRCH Das ist Musikvermittlung vom Feinsten: Dem scheinbar alterslosen Hittisauer Dirigenten Christoph Eberle ist es zu danken, dass im Rahmen seiner 4-Länder-Philharmonie nach vielen Jahren in Vorarlberg erstmals wieder eine professionelle Aufführung von Friedrich Guldas Cellokonzert zu erleben ist – eines der aufregendsten und mitreißendsten Solostücke der gesamten Musikliteratur.
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Damit gerät gleich das erste Konzert in der Stella regelrecht aus den Fugen, wird zu einem vom Publikum hochgejubelten konzertanten Ereignis ersten Ranges. Die Ovationen gelten in erster Linie dem 24-jährigen Cellisten Moritz Huemer als Solisten, in gleichem Maß aber auch den top motivierten jungen Musikern der kleinen Besetzung „Quarta ¼“ und natürlich dem, der das alles auf die Beine gestellt hat und leitet – Christoph Eberle.

Christoph Eberle führt seit 2015 das Quarta-Jugendprojekt. Angelika Lamrecht
Es war ein Zusammentreffen glücklicher Zufälle, das zu dieser besonderen künstlerischen Konstellation geführt hat. Weil die Semesterferien in Vorarlberg heuer genau mit den letzten Faschingstagen zusammenfallen, konnte Eberle gar nicht anders, als diese Ferientage mit den jungen Leuten für Proben und Aufführungen seines Projektes zu nutzen. Und dazu passte auch noch ideal Guldas Cellokonzert mit seiner schillernden Vielfalt in diese Tage des Hochfaschings.
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Mozart, dem man die Einleitung anvertraut hat, ist ja auch nicht gerade ein Stimmungstöter. Zwar steht seine Bläserserenade, die man der Besetzung wegen wählte, in c-Moll, besitzt aber viele lebensfrohe Wendungen und eine positive Ausstrahlung. Bei dieser Oktettbesetzung im Halbkreis mit je zwei Oboen, Hörnern, Fagotten und Klarinetten lässt Christoph Eberle den Dirigentenstab noch in der Tasche und bläst lieber am zweiten Pult seine geliebte Klarinette.
Guldas Cellokonzert als Hauptwerk, mit Spannung erwartet, wird dann wohl für die meisten Besucher zur faustdicken Überraschung.

Das einzigartige Werk begeistert Musiker und Publikum bis heute gleichermaßen als frecher Mix aus Volksmusik, Jazz und Klassik. Eberle kennt das Stück wie seine Westentasche, weil er bei der Entstehung 1981 in Wien mit dem Komponisten und dem Widmungsträger Heinrich Schiff befreundet war. So ist es ihm auch ein Leichtes, als Dirigent auswendig die Besonderheiten dieses Stücks hervorzukehren mit den zwölf Bläsern und Rhythmus, die einmal wie eine Egerländer-Parodie mit schluchzenden Terzen-Klarinetten klingen, dann wieder wie eine fette Big Band mit fetzigen Riffs. All dies wird aber überstrahlt durch die Zentralfigur des Cellosolisten, dem 24-jährigen Feldkircher Moritz Huemer, mit einem Feuerwerk an Doppelgriffen, Arpeggien und rasenden Läufen.

Bei diesem Zugriff scheint er manchmal förmlich zu explodieren, und nicht umsonst drängt sich dem Zuhörer das Bild vom Zersägen des Cellos auf. Trotz alledem bleibt der artistische Solopart seriös erarbeitet auf einer hochkünstlerischen Ebene. Seitdem Moritz Huemer als Mitglied der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker dort auch erste Konzerterfahrungen machen durfte, kann ihn eigentlich nichts mehr erschüttern, nicht einmal Guldas verrückte Eskapaden für ein Cello auf Abwegen.

Im Gegenteil: Man hat den Eindruck, dass sich der Solist gerne von solch extremer spieltechnischer Virtuosität herausfordern lässt und selber den größten Spaß daran hat, bei der Bewältigung auch seine gesunde Musikalität, sein Temperament und tolles Reaktionsvermögen im Dialog mit der Band einzubringen. Ein umwerfendes Ereignis, das man sich nicht entgehen lassen sollte!
FRITZ JURMANN
Weitere Konzerte:
18. Februar Hohenems, Markus-Sittikus-Saal, 19.30 Uhr
19. Februar Schwarzenberg, Angelika-Kauffmann-Saal, 18.00 Uhr
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