“Ich brauche eine Million Euro mehr”

Stephanie Gräve übt Kritik an den Aussagen von Christoph Thoma, der Einsparungspotenzial mithilfe von Kooperationen mit anderen Häusern sieht. VN/Paulitsch (3)
Stephanie Gräve sieht das Landestheater finanziell an einer Untergrenze angekommen.
Bregenz Stephanie Gräve, Intendantin des Landestheaters, kämpft um „ihr“ Haus, das sie von der Politik schmählich im Stich gelassen sieht: „Wie kann ich es schaffen, in der Politik ein höheres Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass man das Landestheater erhalten muss und nicht zerstören darf. Diese Erkenntnis scheint mir angesichts des Kulturbudgets nicht angekommen zu sein.“
Die Intendantin beklagt, dass mittlerweile seit zehn Jahren kontinuierlich beim Theater, aber auch bei anderen kulturellen Institutionen, wie beim vorarlberg museums oder dem Kunsthaus Bregenz, finanziell abgebaut wird: „Mit diesem Kulturbudget teilt das Land Vorarlberg uns Kulturschaffenden mit: Verpisst Euch! Der Bund hat das Kulturbudget um 11,3 Prozent erhöht, das Land um drei Prozent. Und das drei Wochen nachdem groß in den VN zu lesen war, dass das Land Vorarlberg keine neuen Schulden aufnehme, weil es dem Land finanziell so gut gehe.”

Zudem vermisst sie das Wissen um die gesellschaftspolitische Bedeutung der Kunst: “Ist das die Haltung der ÖVP Vorarlberg: Wir möchten weniger Kultur, wir möchten, dass unser Landestheater aufgibt? Wir leben in einer Region, die dringend Fachkräfte benötigt und dafür Menschen nach Vorarlberg locken muss. Ist den Politikern nicht klar, dass dafür ein reges Kulturleben wichtig ist? Ich bin zwischenzeitlich so weit, dass ich mir denke: Es reicht, ich gehe. Aber dafür läuft es künstlerisch einfach zu gut.“

Das Landestheater musste die Gehälter um 7,3 Prozent Indexanpassung erhöhen, demgegenüber steht seitens des Landes die Budgeterhöhung von drei Prozent. “Und das bei einer Kulturinstitution, die ohnehin schon am Rande des Ruins steht. Ich brauche eine Million Euro mehr im Jahr.“ Der Intendantin fehlt eine konstruktie Gesprächsbereitschaft: „Wenn ich Kulturlandesrätin Schöbi-Fink zu erklären versuche, dass man mit so einem Budget keinen Betrieb führen kann, bekomme ich keine klare Antwort. Wenn ich sage, dass ich die jährliche Opernaufführung nicht mehr finanzieren kann, ebenfalls keine Antwort. Vielleicht ist das etwas typisch Vorarlbergerisches, nicht direkt auf Konfrontation zu gehen.“

Die Intendantin verweist auf andere Häuser in der Region wie beispielsweise Konstanz, das als kleines, mit einem Budget von 8,8 Millionen Euro als nicht gut finanziertes Theater gilt. Das Landestheater habe gerade einmal fünf Millionen Euro. „Bei uns kommen Menschen mit 38 Grad Fieber zur Arbeit, weil sie nicht 380 Kinder, die sich auf eine Theateraufführung freuen, nach Hause schicken möchten. Wir sind finanziell an einer Untergrenze angekommen, wo vieles nicht mehr machbar sein wird. Die erste Konsequenz ist, dass wir ab der kommenden Spielzeit nur noch jedes zweite Jahr eine Oper machen und insgesamt auf acht Produktionen reduzieren werden. Unsere Theaterpädagogik musste schon gekürzt werden, ebenso wie die Angebote für Schulen. Stücke in der Box, die sich an ein junges Publikum wenden, werden ebenfalls weniger.“
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