Eine Branche unter Druck

Kultur / 08.03.2023 • 18:50 Uhr / 1 Minuten Lesezeit
"Ich habe Interesse am Beruf gehabt, aber das Geldverdienen war im Vordergrund.“
"Ich habe Interesse am Beruf gehabt, aber das Geldverdienen war im Vordergrund.“

Museum des Wandels: Drucker Ferdi Hagspiel

Feldkirch Seit den 1980er-Jahren hat sich das Druckereigewerbe gravierend verändert. Innerhalb einer Generation wurde eine jahrhundertealte Kulturtechnik fast vollständig von neuen Technologien abgelöst. Ein Zeuge dieser Entwicklung ist Ferdinand Hagspiel, der 1949 als zweites von vier Kindern in Alberschwende geboren wurde. Über eine Anzeige im Gemeindeblatt stößt er 1965 auf eine Druckerei-Lehrstelle, einen Monat später beginnt er seine Lehre in der Buchdruckerei Stocker in Feldkirch. In knapp 40 Jahren als Drucker erlebt Ferdinand Hagspiel gleich mehrere Umbrüche mit. In seiner Lehre lernt er noch, Schriften zu zeichnen und traditionelle Buchdruck-Verfahren mit Bleilettern. Die erste technische Errungenschaft hält mit dem Maschinensatz Einzug in Ferdinand Hagspiels Leben und erleichtert den Arbeitsalltag: „Da hat der Setzer dann gleich ganze Satzteile in Blei gegossen, wodurch die Arbeit viel schneller ging.“

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In knapp 40 Jahren als Drucker erlebte Ferdinand Hagspiel mehrere Umbrüche mit. Hanno Mackowitz (2)

Ab 1972 arbeitet Ferdinand Hagspiel bei der Firma Getzner Chemie, wo er Verkehrsschilder im Siebdruckverfahren bedruckt. Die Arbeitsbedingungen sind hart. „Wir mussten laut Kollektivvertrag jeden Tag einen halben Liter Milch trinken. Weil die Nitro-Lösungen, die man zum Reinigen der Siebe verwendet hat, wirklich ungesund waren.“ Zwei Jahre später wird die Verkehrsschild-Produktion eingestellt und Ferdinand Hagspiel findet eine Arbeitsstelle bei der Druckerei Possenig in Bludenz. Dort schult er Anfang der 1980er-Jahre zum Offsetdrucker um, da immer mehr Druckereien im Land auf das moderne, deutlich schnellere Druckverfahren umstellen. Nach 27 Jahren verliert er seinen Job und arbeitet bis zu seiner Pensionierung als Lagerarbeiter bei Hämmerle Kaffee in Bludenz.
Angst vor Veränderungen hatte Hagspiel nie: „Jeder Beruf hat Probleme, aber die sind halt da, dass man sie meistert.“ Da ist er sehr pragmatisch. Auch was den Stellenwert der Arbeit in seinem Leben betrifft: „Bei mir war es immer so: Ich arbeite, um zu leben. Andere sagen: ‘Ich lebe, um zu arbeiten.’ Ich habe Interesse am Beruf gehabt, aber das Geldverdienen war im Vordergrund.“

Die Kuratorin der Ausstellung, Michaela Feurstein-Prasser, ist in Bregenz aufgewachsen und lebt seit ihrem Studium der Romanistik und Geschichte in Wien. Von 1993 bis 2010 war sie im Jüdischen Museum Wien beschäftigt, seit 2011 ist sie unter anderen als freie Kuratorin für das Jüdische Museum Hohenems, für das Jüdische Museum Frankfurt sowie das Wien Museum tätig.

Ausstellung

9. März bis 11. April

Montag bis Freitag, 9–18 Uhr

Foyer der AK Vorarlberg, Feldkirch