Der Tanz des Pinsels

Kultur / 12.03.2023 • 11:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Sarah Bechter    <span class="copyright">Thomas Schiretz (3)</span>
Sarah Bechter Thomas Schiretz (3)

Im „salon angelika“ im Angelika Kauffmann Museum/Schwarzenberg stellt derzeit Sarah Bechter ihre neuesten Werke aus.

Schwarzenberg Der Schweizer Kunsthistoriker Heinrich Wölfflin (†1945) sagte einmal sinngemäß, dass es „im Wesen einer malerischen Darstellung liegt, der Erscheinung den Charakter des Schwebenden zu geben: die Form fängt an zu spielen, Lichter und Schatten werden zu einem selbständigen Element, sie suchen sich und binden sich, von Höhe zu Tiefe, von Tiefe zu Tiefe; das Ganze gewinnt den Schein einer rastlos quellenden nie endenden Bewegung”. Der Schwebezustand und das rastlos Quellende, die „nie endende Bewegung“ des Malerischen und der Farbkomposition, sind die souveräne Signatur, das Credo des Kunstverständnisses und der Ästhetik von Sarah Bechter.

Sarah Bechters Ausstellung im Angelika Kauffmann Museum trägt den Titel "Serving Sentiment".   <span class="copyright">Sarah Bechter (3)</span>
Sarah Bechters Ausstellung im Angelika Kauffmann Museum trägt den Titel "Serving Sentiment". Sarah Bechter (3)

Zwar handelt es sich bei den präsentierten Werken um Paravents, genauer um Triptychen, aber der erzählende Bildcharakter, der den „alten Meister“-Triptychen zu eigen ist, wird bei Sarah Bechter aufgelöst, der malerische Bildcharakter bildet die Klimax. Die Paravents (oder auch „spanische Wand“), im Sinne des Wortes „den Wind abhaltend“, kamen ursprünglich aus dem chinesischen Raum über Asien nach Frankreich, wo sie sich im 17./18. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreuten.

Sarah Bechter
Sarah Bechter

Waren die Chinesen die Erfinder, so haben ihnen die Japaner die Leichtigkeit/Faltbarkeit verliehen und damit den Siegeszug ermöglicht, den die mobile Trennwand auch in Europa antrat und sich vor allem in Frankreich zu einem populären „Hid-Away“ bis heute entwickelte. Ob der „Folding Screen“ des Kreativduos Charles und Ray Eames, oder jene, an überdimensionierte Handys erinnernde, vielschichtig lackierten Paneele des renommierten deutschen Produktdesigners Sebastian Herkner, die er 2017 für Doppia Firma entwarf. Selbst Paul Cezanne bemalte im 20. Jahrhundert einen sechsteiligen Wandschirm.

Bechters neueste Arbeiten haben die Gestalt von Paravents.
Bechters neueste Arbeiten haben die Gestalt von Paravents.

Die Dimensionen von Bechters „Raumteiler“ nehmen direkt auf ihre eigenen Proportionen Bezug. Ihre Breite von 150 cm umfasst ca. die Spannweite ihrer eigenen Arme, wenn sie sie ausbreitet. Nicht nur eine Hommage an den vitruvianischen Menschen, dadurch wird man auch der eigenen körperlichen Anwesenheit in der Ausstellung gewahr. In der Kunstwelt von Sarah Becher fühlt man sich immer irgendwie beobachtet. Kein Schritt ohne das Gefühl, dass man „die Blicke“ ihrer Kunstwerke nicht im Rücken zu spüren glaubt. Performative Erfahrungsräume, es gibt hier kein Sich-Verorten. Die Verortung, das ist die Malerei Bechters. „Ornamental Contorsion“ – ornamentale Verdrehung/Verzerrung, so der Titel eines von Bechters Werken.

Die Andelsbucherin Sarah Bechter (33) lebt und arbeitet in Wien.
Die Andelsbucherin Sarah Bechter (33) lebt und arbeitet in Wien.

Ein genuiner Malfluss und ein unglaublich rhythmischer Duktus zeichnen ihre Arbeiten aus. Man ist geneigt zu sagen, dass man sich in Bechters Bilderwelten fallen lassen kann; weit bildhafter formulierte es die deutsche Kunsthistorikerin Isabelle Graw: „sich den Phänomenen zu überlassen und sich ihnen gleichsam anzuschmiegen“.

<p class="caption">Die Ausstellung findet im Angelika Kauffmann Museum statt. <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="copyright">Marion Hirschbühl</span></p>

Die Ausstellung findet im Angelika Kauffmann Museum statt.  Marion Hirschbühl

Seit 2022 öffnet das Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg mit der Ausstellungsreihe „salon angelika“ im Frühjahr seine Türen für die Gegenwartskunst mit dem Ziel, junge Positionen zu zeigen, die die Vielfalt und Qualität aktueller künstlerischer Produktion abbilden. Das Angelika Kauffmann Museum soll zu einem Ort weiterentwickelt werden, an dem alte und neueste Kunst in einen lebendigen Dialog treten. Das Konzept des Salons dient dabei als historische Referenz und Anknüpfungspunkt zum Leben und Werk von Angelika Kauffmann, Namensgeberin des Museums und des Projekts und ihrerseits eine der bekanntesten Salonnieren des 18. Jahrhunderts. Beheimatet in einem 450 Jahre alten denkmalgeschützten Bregenzerwälderhaus, ist das Angelika Kauffmann Museum der einzige Ausstellungsort dieser Art in der Region und noch immer eines der wenigen Museen weltweit, das einer Frau gewidmet ist.

Thomas Schiretz/Andreas Marte

Angelika Kaufmann Museum, Schwarzenberg

Sarah Bechter ›Serving Sentiment‹

Eröffnung der Ausstellung: 10. März, 18 – 21 Uhr

11. März bis 16. April 2023

Öffnungszeiten: Freitag bis Sonntag, 14 – 17 Uhr

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