Das Traumpaar der Barockvioline

Kultur / 07.05.2023 • 16:45 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Für die beiden Konzertmeister wird das Orchester Concerto Stella Matutina in zwei Orchester aufgeteilt. <span class="copyright">Fritz Jurmann</span>
Für die beiden Konzertmeister wird das Orchester Concerto Stella Matutina in zwei Orchester aufgeteilt. Fritz Jurmann

Concerto Stella Matutina bot mit neuer Programmidee einen mitreißenden Abend.

Götzis Das ist schon Luxus, wenn ein Orchester über zwei gleichwertige Konzertmeister verfügt wie das Barockorchester Concerto Stella Matutina, wo doch im Normalfall einer genügt. Umso mehr, wenn die beiden neben ihren Führungsqualitäten auch ausreichend Routine und spielerische Virtuosität als ausgefuchste Violinsolisten besitzen. Die Idee dazu geht Jahrhunderte zurück, für diese Konzertreihe war sie neu und bescherte einer vollen Kulturbühne AmBach im zweiten Abo am Freitag einen spannenden und ebenso humorvollen Abend.

Die beiden Konzertmeister Maria Kubizek und David Drabek treten auch in Doppelkonzerten für zwei Violinen wie jenem von Bach auf.
Die beiden Konzertmeister Maria Kubizek und David Drabek treten auch in Doppelkonzerten für zwei Violinen wie jenem von Bach auf.

Dafür sorgte ohne Umschweife die Niederösterreicherin Maria Kubizek, die schon des öfteren bei CSM gastierte und nun ein quirliges Gegenstück zum langjährig bewährten, eher ernsten Schweizer Konzertmeister David Drabek bildet. Sie tritt barfuß auf, zur besseren Bodenhaftung ist das Mode geworden, und sorgt nicht nur für atemberaubende musikalische Momente, sondern als überschäumendes Temperamentbündel auch für fröhliche Atmosphäre im Saal. Nur wenn es um Musik geht, versteht sie keinen Spaß, da ist höchste Konzentration angesagt. Genüsslich werden Möglichkeiten dieser Doppelbesetzung ausgekostet: Ein durch das Cembalo in der Mitte in zwei gleiche Hälften geteiltes „Doppelorchester“ mit jeweils einem Konzertmeister, ebenso auch der solistische Einsatz der beiden Violinen in „Doppelkonzerten“, von denen das von Bach in d-Moll, BWV 1043, das berühmteste ist und auch hier zum Filetstück im Programm wird.

Für ein „entferntes Echo“ in einem Konzert von Vivaldi taucht David Drabek auf einer Leinwand in einer Waldlichtung auf.
Für ein „entferntes Echo“ in einem Konzert von Vivaldi taucht David Drabek auf einer Leinwand in einer Waldlichtung auf.

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Es erfährt durch die beiden Solisten in fast überirdischer Schönheit eine sehr persönliche, innige Wiedergabe, bei der sich die Melodielinien anfangs liebevoll umspielen, im packenden dritten Satz das Duett stellenweise aber auch zum Duell ausartet wie eine streitbare Diskussion unter Eheleuten. Wie sehr sich die beiden aber in Wirklichkeit verstehen, zeigt danach ihre Umarmung und die launige Anmerkung von Cellist Thomas Platzgummer, dass zwischen die beiden Solisten kein Blatt Löschpapier mehr passe. Maria und David – das Traumpaar der Barockvioline! Besonders hübsch zelebriert wird zuvor ein Doppelkonzert von Vivaldi „für ein entferntes Echo“. Dazu bleibt Maria mit ihrer Violine 1 auf der Bühne, David mit Violine 2 erscheint auf einer Leinwand zusammen mit zwei Musikerinnen als Schattenfigur in einer Waldlichtung mit den verhaltenen Echos. Dieser reizvolle Einfall entspricht einer zutiefst barocken Einstellung nach naiv spielerischer Präsentation der Musik zum Ergötzen der Zuhörer – damals wie heute.

Das „Traumpaar“ im Applaus.
Das „Traumpaar“ im Applaus.

Den Rahmen des Programms bilden Doppelkonzerte mit zwei Orchestern, die mit- und gegeneinander aufspielen. Concerto Stella Matutina geht dafür in großer Besetzung in Stellung und entfaltet flächendeckend, mit reichlich Biss und Angriffslust, seinen berühmten Originalklang, neben dem kompakten Streicherapparat auch mit viel schmetterndem Gebläse auf Holz und Blech. Speziell bei Händel verbindet sich barocke Gravität mit der ungebremsten Spielfreude von Musikern des 21. Jahrhunderts zu einer umwerfenden Symbiose.

Fritz Jurmann

Maria als barfüßiges Temperamentbündel lacht gerne – hier im Gespräch mit Moderator Thomas Platzgummer, hinten Johannes Hämmerle, Cembalo.
Maria als barfüßiges Temperamentbündel lacht gerne – hier im Gespräch mit Moderator Thomas Platzgummer, hinten Johannes Hämmerle, Cembalo.

Sendetermine bei Radio Vorarlberg: 5. und 12. Juni, 21.03 Uhr

3. Abo-Konzerte von Concerto Stella Matutina: 16. und 17. Juni, 19.30 Uhr, Götzis, Kulturbühne AmBach –  „Farinelli furioso“

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