Bechtolds Spiegelgürtel

Kultur / 15.05.2023 • 21:48 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Der „Spiegelgürtel“ des Schornsteins ist ab sofort weithin sichtbar.  Beate Rhomberg (2)
Der „Spiegelgürtel“ des Schornsteins ist ab sofort weithin sichtbar. Beate Rhomberg (2)

Der Schornstein in Rhombergs Fabrik erhielt einen Gürtel.

Dornbirn Als Rhombergbau 1995 das heutige Areal „Rhombergs Fabrik“ erwarb, war man sich bewusst, dass es einer sorgfältigen Planung bedurfte, um das Gelände zu gestalten und den richtigen Branchenmix zu finden. Von Anfang an war es ein großer Wunsch der Familie Rhomberg, auch etwas Kulturelles in das Projekt zu integrieren.

Glücklicherweise suchte die Stadt Dornbirn damals einen neuen Standort für den Spielboden, eine bereits bestehende Kultureinrichtung, und so wurde eine große Fläche auf dem Gelände für die Kultureinrichtung angemietet.

Im Laufe der Jahre hat sich der Spielboden zu einem herausragenden Kulturzentrum entwickelt. Ein ähnliches Projekt konnten die Eigentümer auch in Bregenz mit dem Schoeller-Areal realisieren, wo sie mit dem Kosmos-Theater einen weiteren Mieter fanden, der sich ebenfalls erfolgreich etablieren konnte.

Sichtbares Denkmal

Die Begeisterung für den hohen Schornstein auf dem Gelände war von Anfang an groß. Als sichtbares Denkmal einer vergangenen Zeit wurde überlegt, was man kulturell damit anfangen könnte. Bechtold schlug zunächst vor, einen großen Stein auf die Spitze des Schornsteins zu setzen, als Symbol für das Ende der Textilindustrie und den Beginn der Transformation in andere Bereiche. Doch wie bringt man einen so schweren Stein 56 Meter in die Höhe und wie sieht es mit der Statik aus?

Jahre später, als der Schornstein immer brüchiger wurde und Steine herausbrachen, entstand eine neue Idee. Ein Gerüst wurde aufgestellt, um den Kamin zu sanieren. Da kam Walter-Heinz Rhomberg auf Gottfried Bechtold zu und bat ihn, sich schnell etwas einfallen zu lassen, solange das Gerüst noch stehe, um es für ein zusätzliches künstlerisches Projekt zu nutzen.

Kultur und Wirtschaft

So entstand der „Spiegelgürtel“, der nun den Schornstein ziert und der Öffentlichkeit zeigt, wie Kultur und Wirtschaft Hand in Hand gehen können. Bechtold: „Der Gürtel hält zusammen und der Spiegel zeigt, was drum herum so abgeht, er reflektiert.“ Ein leuchtender Gürtel, der sich in 35 Metern Höhe um einen alten Schornstein windet, ist ein ungewöhnlicher Anblick. Ein Gürtel hält zusammen, so wie die Gemeinschaft zusammenhält. Der Spiegelgürtel um den Schornstein spiegelt diesen Gedanken wider. Er hält die Erinnerung an die Vergangenheit fest und bietet gleichzeitig einen Blick in die Zukunft. Für den Künstler ist es ein nachhaltiges Kunstwerk, das sich mit der Umgebung verändert und immer wieder neue Perspektiven bietet.

„Der Spiegelgürtel kann unspektakulär sein, wenn das Wetter grau und trüb ist. Er kann aber auch spektakulär sein, wenn die Sonne darauf scheint und faszinierende Lichtspiele erzeugt. Alles hängt von der Perspektive und den äußeren Bedingungen ab“, ist Gottfried Bechtold überzeugt.

„Ich finde es toll, wie Dornbirn ein Bewusstsein für den Umgang mit der Geschichte entwickelt hat, um den jungen Menschen zu zeigen, dass wir nicht die ersten Menschen auf dieser Welt sind, dass es vor uns schon etwas gegeben hat.

Es ist auch ein Signal, dass der Schornstein nicht einfach abgerissen wird, das wäre natürlich viel billiger als ihn zu restaurieren. Das sind wichtige Gesten, dass man solche Bereiche erhält und nicht der Spitzhacke opfert. Die Familie Rhomberg ist einfach sehr kunstsinnig, das ist nicht alltäglich“, bedankt sich Bechtold.

Bürgermeisterin Andrea Kaufmann erinnerte daran, dass vor fast 40 Jahren Klaus Fessler und Werner Bundschuh erstmals über die Nachnutzung aufgelassener Industriegebäude in Dornbirn diskutierten und die Idee eines Industriemuseums ins Spiel brachten. Entstanden sind schließlich 15 Stationen entlang jener Flussläufe, an deren Ufern einst die Fabrikschlote der bedeutendsten Vorarlberger Textilbetriebe in die Höhe ragten. Die Route folgt den ältesten Webereien und Spinnereien an der Dornbirner Ache und am Müllerbach, führt aber auch an noch produzierenden Betrieben der Metall-, Elektro- und Lebensmittelindustrie vorbei. „Es war ein glücklicher Zufall, dass dieses Projekt genau an diesen Standard anknüpft und sich perfekt in die Gesamtsituation der Stadtspuren einfügt. Herzlichen Dank für die Idee, für die Initiative, für den Spiegelgürtel und vor allem herzlichen Dank an die Familie Rhomberg, die hier viel bewegt hat“, so die Bürgermeisterin abschließend. vn-ama

Wie es zur Idee des Gürtels kam, erläuterte Walter-Heinz Rhomberg.
Wie es zur Idee des Gürtels kam, erläuterte Walter-Heinz Rhomberg.

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.