“Renfield”: Blutige Emanzipierung vom Fürst der Finsternis

Kultur / 24.05.2023 • 15:50 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
In all seiner exzentrischen Herrlichkeit ist dieser Bösewicht eine Paraderolle für Hollywood-Außenseiter Nicolas Cage. <span class="copyright">Universal Pictures</span>
In all seiner exzentrischen Herrlichkeit ist dieser Bösewicht eine Paraderolle für Hollywood-Außenseiter Nicolas Cage. Universal Pictures

Nicholas Hoult und Nicolas Cage in einer überdrehten Horrorpersiflage.

Horrorkomödie Robert Montague Renfield hat es nicht leicht: Seit einer gefühlten Ewigkeit fristet er als Diener von Graf Dracula sein Dasein, seinem furchteinflößenden Herren stets treu ergeben und folglich auch die lebensnotwendigen Opfer zu den spitzen Zähnen führend. Aber ist diese Existenz wirklich alles? Nach Chris McKays schwarzer Horrorkomödie “Renfield” (ab Donnerstag im Kino) weiß man: keineswegs. Was folgt, ist eine verdammt blutige Emanzipierung vom Fürsten der Finsternis.

Cage ist ganz einfach Cage, was in diesem Fall aufgrund der begrenzten Leinwandzeit vollkommen ausreicht.
Cage ist ganz einfach Cage, was in diesem Fall aufgrund der begrenzten Leinwandzeit vollkommen ausreicht.

Im New Orleans der Gegenwart besucht Renfield (mit fahrigem Underdogcharme: Nicholas Hoult) eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die sich in toxischen Beziehungen befinden. Ja, auch sein Boss kann ungemein fordernd sein, aber deswegen ist er nicht hier. Der Vampirknecht sucht vielmehr unter den Beziehungstätern nach Frischfleisch für den dunklen Lord, damit dieser nach seiner jüngsten Zusammenkunft mit Vertretern der Kirche seine Wunden heilen kann. Das Kinopublikum lernt: Graf Dracula kann nach einer kombinierten Attacke von Sonnenlicht, Weihwasser und Kruzifix ziemlich mitgenommen ausschauen.

Im New Orleans der Gegenwart besucht Renfield (mit fahrigem Underdogcharme: Nicholas Hoult) eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die sich in toxischen Beziehungen befinden. <span class="copyright">ap</span>
Im New Orleans der Gegenwart besucht Renfield (mit fahrigem Underdogcharme: Nicholas Hoult) eine Selbsthilfegruppe für Menschen, die sich in toxischen Beziehungen befinden. ap

In all seiner exzentrischen Herrlichkeit ist dieser Bösewicht eine Paraderolle für Hollywood-Außenseiter Nicolas Cage. Der Schauspieler, der sich in den vergangenen Jahren allen voran in B-Movies und Horrorfilmen verdingte und dabei nicht selten einfach sich selbst spielte, hat sichtlich Freude daran, Dracula in den verschiedenen Stadien der Verwesung Leben einzuhauchen oder seinem Untergebenen das Fürchten zu lehren. Und er hat allen Grund dazu, denn Renfield scheint nach Jahrzehnten des sündigen Lebens endlich bereit, sich der Rechtschaffenheit zuzuwenden.

Dabei kommt ihm zugute, dass er durch seine Eigenheit des Insektenfutterns selbst übermenschliche Kräfte entwickeln kann, was sich auch in der Auseinandersetzung mit einer Gangsterfamilie in der US-Metropole als vorteilhaft herausstellt. So stolpert er zudem in das Leben der engagierten Polizistin Rebecca (Awkwafina), die genau diesen Gaunern das Handwerk legen möchte. Da mögen die Körperteile noch so sehr durch die Gegend fliegen und das Blut spritzen, es flimmern die Herzen dann doch ganz schön heftig. Und ohnehin: Ist es nicht Zeit für Renfield, das zerknitterte Sakko gegen einen Kaschmirpulli in fröhlichen Farben zu tauschen?

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Die von “The Walking Dead”-Schöpfer Robert Kirkman erdachte Geschichte mag in ihrer Absurdität durchaus reizvoll sein, die Umsetzung gelingt allerdings nur bedingt. McKay biedert sich dafür ganz beim knalligen Blockbusterkino an, was Tempo und sprunghafte Erzählweise betrifft. In Sachen abgerissene oder abgehackte Körperteile muss sich “Renfield” jedenfalls nicht vor expliziten Serien wie “The Boys” oder eben Kirkmans bekanntester Reihe verstecken. Nur: Wenn dabei nach 30 Minuten schon alle Charakterentwicklungen durch sind und man sich die restliche Stunde über fragt, was eigentlich noch passieren soll, bleibt auch der größte Leichenberg nur bedingt aufregend.

Was durchaus schade ist, denn allen voran Hoult ist ein liebenswürdiger Titelheld, der sich in dieser abstrusen Mischung aus Horror- und Actionversatzstücken zu behaupten weiß. Die Inspirationsposter (“Yolo!”) in seiner augenschmerzend-bunt eingerichteten Junggesellenbude nimmt man ihm durchaus ab. Und Cage ist ganz einfach Cage, was in diesem Fall aufgrund der begrenzten Leinwandzeit vollkommen ausreicht. Im Endeffekt wirkt “Renfield” aber wie das Spin-off zu einem Film, den man aus gutem Grund vergessen hat – man sollte es wohl erneut versuchen.

Renfield

Regie: Chris McKay

Mit: Nicholas Hoult, Nicolas Cage, Awkwafina, Ben Schwartz, Adrian Martinez

Start: 25. Mai

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