Viel Spaß mit Operettengala

Das erste Arpeggione-Konzert im Markus-Sittikus-Saal bot beste musikalische Unterhaltung.
HOHENEMS Sie sind eine aussterbende Rasse, die Operettenfreunde, gern verspottet mit dem Kalauer „Operette sich wer kann!“ Gerade deshalb wagte Irakli Gogibedaschwili als Kurator des Arpeggione-Orchesters die Flucht nach vorn, gab „dem Affen Zucker“ und befriedigte das musikalische Grundbedürfnis dieser Leute: Einen ganzen Abend lang Operette pur, mit ein bisserl Herz und Schmerz und Schmalz unter dem Motto „Alles Walzer!“. Mit dem jährlichen Open Air im Palasthof wurde auch das feinste Ambiente dafür geplant – immerhin ging es in Anwesenheit von Bürgermeister Egger auch um das 40-jährige Bestehen der Stadt Hohenems.

Doch Organisator Josef Kloiber konnte sich mit den Mannen des Emser Gesangsvereins noch so sehr ins Zeug legen und den Palasthof bestuhlen – gegen die am Abend aufziehenden Regenwolken war auch er machtlos. Und nachdem heuer auch die Kirche wegen Renovierung nicht als Ersatz zur Verfügung steht, fand das 37-köpfige Arpeggione-Orchester erstmals in seiner Geschichte Unterschlupf in den heil’gen Hallen der benachbarten Schubertiade, dem Markus-Sittikus-Saal also, der bis auf den letzten Platz besetzt war. Die arme Ulrike Neubacher tat sich freilich schwer, vor Beginn mit ihrer fachkundigen Einführung unter den einströmenden Publikums-Massen Gehör zu finden, da sollte es eine andere Lösung geben.

Doch dann geht sie los, diese Operettengala vom Feinsten, Schlag auf Schlag. Unter Leitung des musiktheatererfahrenen, weltweit tätigen italienischen Dirigenten Roberto Gianola, den man wegen seines Erfolgs vom Vorjahr übernommen hat, zeigt sich auch das Orchester von seiner besten Seite, klangschön, spielfreudig und mit jenem eleganten Wiener Charme ausgestattet, den man am anderen Ende Österreichs kaum besser findet. So wird die Ouvertüre zur Operette „Eine Nacht in Venedig“ von Johann Strauß in der angenehmen Akustik des Saals zu einer ersten glänzenden Visitenkarte für diesen Abend, fein dosiert und mit den Rubati an den rechten Stellen. Die „Fledermaus“-Ouvertüre und der „Donauwalzer“ werden zu weiteren instrumentalen Glanzstücken dieses speziell leichten, aber heiklen Repertoires hochstilisiert.

Dazu ist das Orchester aber auch zur Begleitung einer Kette vokaler Perlen aus der Goldenen und Silbernen Operettenära aufgeboten, für die man zwei für dieses Genre und diesen Anlass wunderbar geeignete junge Stimmen gefunden hat. Die Sopranistin Olga Dyadiv stammt aus der Ukraine, der Tenor Niklas Mayer aus Heidelberg, beide konnten sich bereits international in ihrem Fach profilieren. Mayer tritt als erster mit einem Klassiker der Operette den Wahrheitsbeweis für seinen schmiegsam hellen Tenor an, „Dein ist mein ganzes Herz“ aus dem „Land des Lächelns“ von Lehar. Strahlend und mit leichtem Metall in der Stimme kommt er gegen das Orchester an, bei der zweiten Strophe ist auch schon die erste Nervosität verflogen.

Dyadiv gibt mit dem Couplet „Spiel ich die Unschuld vom Lande“ die kapriziöse Soubrette Adele aus der „Fledermaus“, mit treffsicheren Koloraturen stimmlich überzeugend. Und liefert auch gleich eine erste Kostprobe ihres komödiantischen Bühnentalents, in dem sie später noch zu großer Form auflaufen sollte. Als sie nämlich im zweiten Teil zum Lied „Mein Herr Marquis“ aus der „Fledermaus“ in einem verführerischen Abendkleid mit Federn auftritt, das mehr zeigt als verbirgt, kriegt sie sich im Duett mit ihrem Bühnenpartner vor Lachen kaum mehr ein und braucht drei Anläufe, bis sich auch das prustende Publikum beruhigt hat. Nach diesem spaßig umjubelten Abend wird wohl niemand mehr spötteln „Operette sich wer kann!“.
FRITZ JURMANN
Nächstes Arpeggione-Konzert im Palast Hohenems: 23. September, Dir. Nurhan Arman – „Serenata, Serenata“ (Herbert Willi, Mozart, Tschaikowsky)