Kindheit in den 70er-Jahren

Anne Müllers Debüt weckt Erinnerungen einer ganzen Generation.
Roman Zwischen autobiografischen Stil und Autofiktion siedelt sich das Debüt von Anne Müller an. „Sommer in Super 8“ ist eine Familiengeschichte, die gleichzeitig auch die einer ganzen Generation ist. Viele werden dabei an die Filmabende mit Familie, Verwandten oder Freunden denken, an das Schnurren des Vorführgerätes oder an die unscharf-milchigen, häufig von tanzenden Flusen durchkreuzten Erinnerungen.
Anfänglich sind die Königs eine Bilderbuch-Familie. Der Vater ist ein erfolgreicher und charismatischer Arzt, seine Frau Hausfrau und Mutter von fünf Kindern. Clara, die Mittlere, erzählt rückblickend. Gelebt wird in einem kleinen idyllischen Dorf in Norddeutschland. Die Handlung könnte jedoch überall stattfinden, denn Mantelschürzen, Föhnfrisur und Dauerwelle taugen immer und überall und ganz wichtig, die mit Blumen besetzten Badehauben sorgen für jede Menge Flashbacks an die Zeit vor 50 Jahren.
Doch „Sommer auf Super 8“ ist keinesfalls ein verklärender Heile-Welt-Roman. Clara, ein Papa-Kind, das zu ihrem Vater aufschaut, spürt stets ein Gefühl von Einsamkeit und eine latente Traurigkeit. Dieser jedoch gleitet in die Alkoholsucht ab, die immer mehr den Alltag der Königs durchdringt. Während die Familie in ihrem bedrückenden Schweigen implodiert, endet das Leben des Vaters in der Katastrophe. Autorin Anne Müllers Debüt ist atmosphärisch sehr dicht erzählt. Der warmherzige Schreibstil erzeugt eine Tiefe, die in den Schmerz eintaucht und lange nicht loslässt. CRO
Sommer in Super 8, Anne Müller, Penguin Verlag, 320 Seiten