Hoffnung für die Welt

Kultur / 20.11.2023 • 13:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
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"Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze" in der Pfarrkirche St. Sebastian. Kontrapunkt (4)

Dagmar Marxgut bewies mit ihrem Ensemble „Kontrapunkt“ bei Haydn großen Instinkt.

DORNBIRN Es ist ein wirklich wunderschön anzuhörendes, von tiefem Glauben erfülltes Werk, Joseph Haydns Oratorium „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Eigentlich sollte es viel öfter aufgeführt werden, wenn es thematisch nicht so sehr an den Karfreitag gebunden wäre. Die Dornbirner Chorleiterin Dagmar Marxgut kümmerte diese Zuordnung wenig. Sie befand, dass auch die Tage um Allerheiligen mit ihrer Besinnung auf Abschied und Tod, dazu die Kriegsherde in der Weltpolitik ein durchaus passendes Umfeld für eine Aufführung dieses Werkes bedeuten könnten. Und so war es denn auch, und Dagmar Marxgut freute sich vergangenen Sonntag mit ihrem stattlich besetzten Vokalensemble Kontrapunkt sowie namhaften Solisten und Orchester über eine bis auf den letzten Platz besetzte Pfarrkirche St. Sebastian im Oberdorf, ebenso über Standing Ovations der Zuhörer für eine liturgisch tief beeindruckende und emotional berührende Wiedergabe dieses Werkes.

Die Dornbirner Dirigentin Dagmar Marxgut leitet das Vokalensemble Kontrapunkt seit 2004.
Die Dornbirner Dirigentin Dagmar Marxgut leitet das Vokalensemble Kontrapunkt seit 2004.

Es ist wohl die Anschaulichkeit dieses Oratoriums mit seinen lautmalerischen Passagen und farblichen Leuchtkraft, die ihm bis heute eine gewisse Popularität bewahrt haben. Mit Jesus am Kreuz und seinen letzten Worten hat wohl jeder die passenden Bilder im Kopf, die Haydn damals durchaus nicht bloß in düsteres Moll kleidete. Als Zeichen der Trauer genügte ihm durchgehend das ruhige Adagio, ausgenommen das Erdbeben, wo sich sogar die Pauke noch knallig einmischt. Zuvor verheißt das Finale festlich auftrumpfend die ersehnte Hoffnung für die Welt. So erlebt man trotz des langsamen Grundduktus eine durchaus abwechslungsreiche, spannende Abfolge, wie Haydn sie für seine Zeitgenossen geschaffen hat und Dagmar Marxgut sie am Pult mit der ihr eigenen Ruhe, aber auch einer guten Portion Strahlkraft und Ausdruckswillen ausgezeichnet ins Heute transferiert.

Die bewährte Riege prominenter heimischer Solisten im Quartett, v.l.n.r. Isabel Pfefferkorn, Sopran, Martina Gmeinder, Alt, Michael Etzel, Tenor, und Lothar Burtscher, Bariton.
Die bewährte Riege prominenter heimischer Solisten im Quartett, v.l.n.r. Isabel Pfefferkorn, Sopran, Martina Gmeinder, Alt, Michael Etzel, Tenor, und Lothar Burtscher, Bariton.

Allein ihr hoch motivierter Amateurchor besitzt diesmal einen besonders warmen, weichen, abgerundeten Klang, artikuliert dabei deutlich in großer dynamischer Spannweite, die er von Anfang an reichlich auskostet. Dabei hat Haydn seinen Sängern das Leben erleichtert, indem er die Chorstimmen entlang der Orchesterpartitur komponierte, als er das Werk nach zehn Jahren aus der originalen Streichquartett-Fassung heraus erweiterte.

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So ergibt sich eine willkommene Instrumentalstütze und damit Sicherheit für die Intonation der Vokalisten, auch wenn der Chorpart auch so noch immer schwierig genug ist. Beeindruckend gelingen das zentrale „Es ist vollbracht“ im kraftvollen Unisono und darauf die standfeste Präzision in den kontrapunktischen Teilen. Das Orchester setzt sich aus qualifizierten Profimusikern der Region zusammen. Konzertmeister Sebastian Gugala setzt gekonnt seine virtuosen Solopassagen, nur die Bläser hätten beim Interludium etwas einheitlicher klingen können.

Die Pfarrkirche St. Sebastian in Dornbirn-Oberdorf ist seit Jahren Heimstätte des Ensemble Kontrapunkt für seine jährlichen Konzerte.
Die Pfarrkirche St. Sebastian in Dornbirn-Oberdorf ist seit Jahren Heimstätte des Ensemble Kontrapunkt für seine jährlichen Konzerte.

Das prominente Solistenquartett besteht aus in diesem Rahmen bewährten heimischen Kräften und gibt sich zumeist vierstimmig als homogener Dialogpartner zum Chor. Nur vereinzelt schälen sich aus dem Ensemble kurze Solopassagen heraus, um den emotionalen Gehalt der Vorlage zu unterstreichen. Die üblicherweise als Mezzo gehandelte Isabel Pfefferkorn, die eben ihr sensationelles Debütalbum „Soaked in Colour“ präsentiert hat, ist auch der hohen Sopranpartie glänzend und mit atemberaubenden Pianos gewachsen. Die Altistin Martina Gmeinder löst mit warmer Stimme und innigem Ausdruck hohe Erwartungen ein. Der deutsche Tenor Michael Etzel und der Vorarlberger Bariton Lothar Burtscher veredeln das Quartett mit ihrer Stimmkultur.


FRITZ JURMANN