Politik mit

Leserbriefe / 06.05.2016 • 18:49 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Hausverstand

In ihrem Grundsatzprogramm vom Mai 2015 bekennt sich die ÖVP zum achtjährigen Gymnasium in einem differenzierten Schulsystem, das den unterschiedlichen Interessen und Talenten der Kinder gerecht wird. Das steht im Einklang mit den bürgerlichen Werten der Partei. In völligem Widerspruch zum eigenen Grundsatzprogramm votierten im Juli 2015 100 Prozent der Vorarlberger ÖVP-Fraktion im Landtag für eine flächendeckende Gesamtschule der Zehn- bis 14-Jährigen. Ein eigenwillig interpretiertes Forschungsprojekt wird als Begründung für dieses illoyale Verhalten vorgeschoben. Seitdem grenzt sich die Landes-ÖVP in dieser Frage öffentlichkeitswirksam von der schwächelnden Bundes-ÖVP ab, inszeniert sich als besonders „reformfreudig“ und lässt die eigene Bundespartei als „Reformblockierer“ schlecht aussehen. Das eitle Verlangen, der veröffentlichten Meinung mit ihrem lautstarken Betroffenheitskult zu entsprechen, scheint in der Landes-ÖVP wichtiger zu sein als die eigenen Grundsätze. Sie sollte sich selbstkritisch fragen, ob sie dadurch nicht auch Mitverantwortung für die Krise der Bundes-ÖVP trägt. Mittler­weile ist die Politik aber ohnehin von der Realität aus ihren sozialromantischen ­Gesamtschulträumereien gerissen worden. Die schlechten Ergebnisse bei der Überprüfung der Bildungsstandards in der Volksschule haben ihr nämlich den richtigen Weg gewiesen: Konzentration auf das Wesentliche und gezielter Einsatz der finanziellen Ressourcen (vorschulische Bildung, Volksschule, Förderstunden, …)
statt flächendeckender Gesamtschulexperimente mit ungewissen Folgen. Politik mit Hausverstand eben.

Mag. Wilfried Hämmerle,

Martin-Kink-Straße 40,
Lustenau

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