Impfgeschichtliches
„Es wurde schnell deutlich, dass die Vakzination nur bei Zwangsimmunisierung letztlich der gesamten Bevölkerung zur Verdrängung der Seuche führen würde. Staaten mit zentralistischer Tradition oder modernisierungsorientierten autoritären Herrschaftsformen führten sie besonders schnell ein. Napoleon ließ 1800 die ersten Schutzimpfungen vornehmen. Ägypten war schneller als Großbritannien. Dort wurde die Immunisierung erst 1853 Pflicht, bis sich 1909 libertäre, jeden staatlichen Zwang ablehnende Impfgegner durchsetzten. Die Kolonien Jamaika und Ceylon waren durch impffreudige Kolonialverwaltungen schon 1820 pockenfrei.“ In Österreich ebnete Maria Theresia den Weg für Impfungen mit einer Vorläufermethode. Die Kuhpocken-Massenimpfung setzte mit großer Wirkung in der Epidemie 1800 ein. „Das Schutzpocken-Hauptinstitut war das erste auf dem Kontinent. Das Impfen war föderal geregelt. Kreisärzte und Wundärzte mussten an Sonntagen unentgeltlich impfen, Pfarrer forderten Kirchenbesucher von der Kanzel dazu auf. Die Impfung war gratis, es gab ein Zertifikat. Auch wenn der Begriff Pflicht nicht vorkam, wurden Maßnahmen festgelegt, die einem Zwang gleichkamen. Danach nahm die Impfbereitschaft wieder stark ab.“ Seuchen schreiben Weltgeschichte. Ein Großteil der indigenen Bevölkerung Amerikas war durch Pocken ums Leben gekommen. China, Ausgangspunkt von Corona, geht 2020 einzigartig wirtschaftlich gestärkt hervor. Sollte es jemals einer Ebola-Variante gelingen, nach Europa vorzudringen, würden sich manche unserer derzeitigen Diskussionen schlagartig erübrigen.
Gerald Grahammer, Lustenau