Vergangenheit und Zukunft der Geburtshilfe

Leserbriefe / 01.07.2022 • 17:17 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Dass die vorübergehende Schliessung der Bludenzer Geburtenstation einen öffentlichen Aufschrei auslöst, ist auch geschichtlich bedingt. Vorarlbergs Geburtshilfe ist geprägt davon, dass den Betroffenen immer wieder etwas weggenommen wurde. Ende des 20. Jahrhunderts konnten Eltern beispielsweise noch wählen, ob sie ihre Kinder zu Hause, im Entbindungsheim oder im Krankenhaus auf die Welt bringen wollen. Geburt ist ein einzigartiges und intimes Lebensereignis, Frauen müssen sich wohl und sicher fühlen, um sich so zu öffnen, dass Gebären möglich ist. Dafür bildet die Umgebung einen wesentlichen Faktor. Für viele Paare, die gesund sind und eine komplikationslose Schwangerschaft erlebt haben, bildet das Krankenhaus nicht die erste Wahl, wenn sie denn eine hätten. Als in den 1990er Jahren die Heime sukzessive geschlossen wurden, führte dies zum Teil zu heftigen Protesten. Auch als die Geburtenstation im LKH Hohenems im Jahr 2006 Umstrukturierungen zum Opfer fiel, gingen die Menschen auf die Straße. Vergeblich. Kein Wunder, dass Misstrauen herrscht. Deutschland hat es vorgemacht: Geburtenstationen unter 500 Geburten gelten als „nicht rentabel“. Geburt darf aber nicht ökonomischen Kriterien zum Opfer fallen, denn ein guter Start ins Leben ist erwiesenermaßen die Basis für die psychische und physische Gesundheit von Mutter und Kind und zahlt sich unmittelbar und langfristig – auch volkswirtschaftlich – aus.

Brigitta Soraperra, Projektleiterin IG Geburtskultur a-z, Feldkirch

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