Bündner Wölfe
Wenn es irgendwo im Umkreis von 200 km einen Wolfsriss gab, muss das selbstredend skandalisiert werden. Zweifelsohne ist der Verlust einer Kuh auf diese Weise hochgradig dramatisch. Unbekannt ist aber, warum es sie erwischt hat. War sie möglicherweise ein leichtes Opfer, weil sie festlag? War sie noch im Besitz ihrer Hörner? Wo war ihre Herde? Wie war die Umzäunung? Diese elementaren Dinge werden den Lesenden vorenthalten. Wichtiger ist unserem Landesrat zu betonen, dass in Vorarlberg eine „Rechtslage geschaffen wurde“, um Wölfe zu „entnehmen“. Dass genau deswegen bei der EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich anhängig ist, scheint ihm wohl (nicht?) bekannt zu sein. Die Strategie, Verordnungen zu erlassen, ist ein „verinnerlichtes Muster“, nach dem die Behörde gerne verfährt, wenn es Tierschutz- und Umweltschutzorganisationen verunmöglicht werden soll, Beschwerde gegen bestimmte, fragwürdige Maßnahmen einzulegen. Auch bei anderen geschützten Arten wie Rabenkrähen, Elstern, Kormoranen, Graureihern und Gänsesägern ist – auf Geheiß der Landwirtschaftskammer – immer der Abschuss das Mittel der Wahl. Es wäre ein Fortschritt von unschätzbarem Wert, wenn medial dauerhaft Ereignisse skandalisiert würden, die über Einzelphänomene hinausgehen, wie etwa das massenhafte Transportieren, Verstümmeln und Abschlachten von Rindern, Schweinen, Schafen. Selektives Fokussieren und Dämonisieren verstellt den Blick auf sinnvolle Lösungen und schürt stattdessen Hysterie.
Ulrike Schmid, MA, Götzis
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