Institutionelle
Barrieren behindern Leistung
Zum Bericht „Kein Sturm mehr auf Gymnasien“, VN vom 8. 3. 2023:
Die Aussagen von Gerald Fenkart zur Aussortierung zehnjähriger Schüler:innen im Schulwesen erschreckt: In weltweiten PISA-Studien geht es nicht nur um schulische Leistungen, sondern um Chancengerechtigkeit und Wellbeing, also gesellschaftliches Wohlergehen. Wenn Herr Fenkart einseitig ausgewählte Daten gegen medizinische Befunde ausspielt („Dr. Concin irrt sich gewaltig“), nähert er sich bedenklich pandemiebekannten Verschwörungsmythen. Wir wollen doch keine gespaltene Gesellschaft!
Dr. Andreas Schleicher von der OECD resümiert die Erkenntnisse aus den PISA-Studien: „Es ist nicht überraschend, dass die von den Schüler:innen wahrgenommene Unterstützung durch ihre Lehrkräfte in gegliederten Schulsystemen am geringsten ist.“ Er rät Bildungspolitikern, frühe Selektion zu begrenzen und deren Folgen zu mindern, denn jede institutionelle Barriere im Bildungssystem behindert Leistung und verstärkt Chancenungerechtigkeit. Als Wissenschaftler konnte ich in der Studie „Schule der Zehn- bis 14-Jährigen in Vorarlberg“ ungenutzte Bildungschancen kennenlernen, die zu wenig genutzt werden. Vorarlberg könnte zum Weltklassesystem werden, wenn es der OECD folgen würde: „Bildungssysteme, die sich durch alternative Denkweisen bedroht fühlen, werden immer weiter zurückfallen; die Zukunft gehört denen, die offen für die Welt sind und bereit, von und mit den leistungsfähigsten Bildungssystemen der Welt zu lernen.“ Wir können nur gewinnen, wenn wir nicht auf das Trennende in der künftigen Entwicklung der Gesellschaft setzen.
Univ.-Prof. Dr. Michael Schratz,
Universität Innsbruck
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