Abtreibung ist keine Lösung

Zum Leserbrief „Ein Mensch mit
eigenem Lebensrecht“ von Marie-
Thérèse Mercanton, VN vom 8. 9. :

Bei der Abtreibungsdiskussion heute geht es nicht um Notfälle, in denen das Leben der Mutter nur durch den Tod des Kindes gerettet werden kann – dies fällt unter medizinische Indikationen –, und es geht auch nicht um mangelhaften Zugang zur Empfängnisverhütung. Nicht: „Hier liegt der Hund begraben“, wie Frau Mercanton in ihrem Leserbrief meint – sondern um die Folgen einer Übersexualisierung unserer Gesellschaft, in der Treue und Selbstdisziplin Fremdworte geworden sind. Trotz Antibaby-Pille gibt es nicht weniger, sondern mehr Abtreibungen. Und sie sind nicht zuletzt auch Folge des Versagens von Kondomen. Gewiss möchten wir die große Kinderzahl früherer Generationen keiner Mutter mehr zumuten, wenn diese auch mir das Leben ermöglicht hat: Mein Vater ist das 18. Kind einer Mutter, die wiederum die Tochter einer Magd eines Bauern war. Hätte es damals schon den Zugang zur Abtreibung gegeben, so würden die fast unzählbaren Nachkommen, die in ihren diversen Berufen allesamt rechtschaffen und erfolgreich sind, fehlen. Abtreibung ist keine Lösung, sondern der Beginn neuer Probleme. Das dadurch entstandene Loch im Beziehungsnetz wird bei Familienaufstellungen im Fall von Depressionen oder Suizid auf schmerzhafte Weise sichtbar.

Dr. Gertraud Weggemann, Bludenz