Erstmals deutlicher Rückgang bei Lehrlingen

Demografische Entwicklung hinterlässt Spuren – weniger neue Lehrlinge im Land.
Schwarzach. Die Zahlen lassen aufhorchen. In der offiziellen Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer Österreich weist Vorarlberg bei den Lehrlingen im ersten Lehrjahr für 2012 mit einem Minus von 7,4 Prozent den höchsten Rückgang unter den Bundesländern auf. Gab es 2011 in Vorarlberg noch 2625 Auszubildende im ersten Lehrjahr, waren es im Vorjahr nur noch 2431 und damit um 194 Lehrlinge weniger. „Wir sind aufgrund der demografischen Entwicklung an einem Wendepunkt“, so Christoph Jenny, Leiter der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Vorarlberg.
Das deutliche Minus in der Statistik hat sich erst in den letzten Monaten ergeben. Bis Mitte des Jahres lagen die Lehrlingszahlen in Vorarlberg noch auf Vorjahres-Niveau. „Heuer haben die Ausbildungsbetriebe ihre Lehrlinge sehr früh ausgesucht“, erklärt Jenny.
Den größeren Rückgang im Vergleich mit anderen Bundesländern begründet der Kammer-Experte damit, dass Vorarlberg zuletzt steigende Zahlen hatte. „Die anderen Bundesländer haben die demografische Entwicklung schon früher zu spüren bekommen.“
Gewerbe mit starkem Minus
Besonders stark ist der Rückgang bei Lehrlingen im ersten Lehrjahr im Gewerbe ausgefallen. Hier liege das Minus bei 2,9 Prozent. Ebenfalls rückläufig ist die Entwicklung im Tourismus, wo 2012 um 3,7 Prozent weniger Lehrlinge ihre Ausbildung gestartet haben. In Industrie (plus 0,6 Prozent) und Handel (plus 3,3 Prozent) sind die Zahlen hingegen steigend.
8104 Lehrlinge im Land
2012 waren gesamt 8104 junge Vorarlberg in einer Lehrausbildung – zum Jahr davor ein Minus von 1,7 Prozent. Der in den Gesamtzahlen relativ geringe Rückgang erklärt sich mit den beiden guten Lehrlingsjahren 2010 und 2011. Österreichweit sind die Lehrlingszahlen im Vorjahr um 2,2 Prozent zurückgegangen.
Herausforderung für Standort
Die Trendwende bei der Lehrlingsausbildung trifft die heimische Wirtschaft. Jenny spricht von einer großen Herausforderung. „Die Entwicklung zeigt, dass es immer schwerer wird, qualifizierte Fachkräfte in ausreichender Zahl auszubilden.“ Die demografische Entwicklung im Land führe dazu, dass bis 2015 um bis zu 20 Prozent weniger Jugendliche im ersten Lehrjahr zur Verfügung stehen. „In absoluten Zahlen sind das bis zu 500 Jugendliche, die uns jährlich in der Ausbildung fehlen.“
Keine Patentrezepte
Patentrezept für eine Lösung des Lehrlingsproblems gibt es keines. „Die demografische Entwicklung werden wir nicht drehen können“, sagt Christoph Jenny. Jetzt müsse man in entsprechende Angebote und ins Image der Lehre investieren. „Wir müssen noch besser schauen, wie wir Jugendliche mit gewissen Schwächen in eine Ausbildung bringen und entsprechend qualifizieren.“
Wir sind an einem Wendepunkt angekommen.
Christoph Jenny
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.