„Unser Vorteil ist die persönliche Beziehung“

Bregenz. Dr. Walter Hörburger hat nach seiner Pensionierung als Geschäftsführer der Sola Messwerkzeuge, Götzis, eine ebenso interessante wie verantwortungsvolle Tätigkeit übernommen. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank und Obmann der Raiffeisen-Funktionärsgenossenschaft Vorarlberg ist er Herr über 23 Genossenschaften.
Die Vereinten Nationen haben das Jahr 2012 zum Jahr der Genossenschaften erklärt. Auch Raiffeisen gründete die Funktionärsgenossenschaft. Welche Überlegungen standen dahinter?
Dr. Walter Hörburger: Sie wurde als Folge der Bankenkrise gegründet, um innerhalb der Raiffeisenbankengruppe Vorarlberg noch enger zusammenzuarbeiten. Denn es standen damals Befürchtungen im Raum, dass man auf unsere Geschäftsleiter losgeht, wenn etwas passiert, und in der Folge auch auf den Aufsichtsrat. Das erleben wir auch heute noch mit, nicht nur im Bankenbereich, sondern genauso in Aktiengesellschaften. Was auch richtig ist in vielen Fällen, wenn Sachen passiert sind, die nicht in Ordnung sind. Wir wollten daher mit dieser Genossenschaft eine Plattform schaffen, um mehr Gedankenaustausch unter den Funktionären der Primärbanken stattfinden zu lassen. Zudem sind auch die Anforderungen an die Ausbildung der Aufsichtsräte stark gestiegen. In Zukunft müssen Funktionäre noch mehr Fachwissen mitbringen.
Hat die Wirtschaftskrise dazu beigetragen, dass man sich wieder mehr auf die Gemeinschaft besinnt?
Ich glaube schon. Der Gemeinschaftsgedanke ist sicher wieder stärker geworden. In den vergangenen Jahren hat man das Genossenschaftsmodell von Raiffeisen als verstaubt angeschaut. Durch das Jahr der Genossenschaft wurde es wieder neu belebt und ins Rampenlicht gerückt. Man hat durch die Wirtschaftskrise erkannt, dass die Genossenschaftsbanken im Vergleich zu anderen Banken diese schwere Zeit aufgrund ihrer Intention zu Regionalität und Dezentralisierung am besten überstanden haben. Beim Zocken, oder wie der Banker vornehm sagt bei Derivaten, überlegt man als Bank schon genauer als früher, was man tut und ob man es tut. Und auch Fremdwährungskredite sind durch das Erstarken des Frankens für viele zum Problem geworden. Zur Zeit der Krise haben sich viele gefragt: Was wird aus meinem Sparbuch? Verreckt das? Das waren durchaus berechtigte Fragen im Jahr 2008.
Schwitzt man da als Aufsichtsrat, wenn durch eine solche globale Krise auch das eigene Geschäft infrage gestellt
wird?
An und für sich schon. Natürlich, ich komme aus einer privaten Firma. Im Grunde genommen ist das Geschäft auf beiden Seiten das gleiche. Ich habe Kunden, die eine Leistung verlangen. Bei Banken ist es noch etwas anders. Das sage ich unseren Vorständen auch immer. Da kommen Menschen, die gearbeitet haben, und von dem Geld ihr Leben finanziert und Steuern bezahlt haben. Das, was übrig bleibt, bringen sie der Bank zur Verwahrung. Also ist es Geld von Dritten, das mühsam erarbeitet wurde, das wir verwalten und mit dem wir arbeiten. Da muss man schon ein größeres Verantwortungsbewusstsein als Banker haben. Daher ist eine entsprechende Sorgfalt ungeheuer wichtig.
Inwieweit können Sie als Aufsichtsratsvorsitzender das Geschäft der Raiffeisenbanken aktiv mitbestimmen?
Man trägt eine hohe Verantwortung. Zum einen hat man zusammen mit der Revision die Kontrollfunktion. Ab einer bestimmten Kreditgröße braucht es die Zustimmung des Aufsichtsrats. Genauso wie zum Budget. Dazu kommen die Auswahl der Vorstände und der Geschäftsleiter unserer Banken sowie die Gehaltsverhandlungen.
Haben die Werte, die vor über 100 Jahren Friedrich Wilhelm Raiffeisen veranlassten, eine genossenschaftliche Bewegung zu gründen – nämlich Unterstützung der Mitmenschen und der gesamten Region – heute überhaupt noch Bestand?
Die Raiffeisen-Organisation lebt Selbsthilfe und Solidarität. Das ist auch der Unterschied zu einer anonymen Aktiengesellschaft. Bei uns gibt es eine hohe Identifikation und ein Miteinander von Kunden und Mitarbeitern.
Stehen das Miteinander und der Solidaritätsgedanke nicht in Diskrepanz zur eigentlichen Aufgabe einer Bank?
Wir sind kein Wohltätigkeitsverein, das ist klar. Das können wir gar nicht sein, wenn wir unsere Aufgabe erfüllen wollen. Und seit sich im Jahr 2008 die Vorschriften verschärft haben, braucht jede Bank starke Eigenmittel. Da muss man finanziell gut aufgestellt sein, dann kann man auch für die Kunden und Mitglieder ein guter Partner sein.
Junge Unternehmer klagen oft über die Handhabe bei Kreditvergaben, die in den letzten Jahren viel restriktiver geworden sind.
Das hat natürlich auch mit den Eigenmittelvorschriften zu tun, aber ich bin der Meinung, dass man eine gute Idee finanzieren muss – auch ohne entsprechende Eigenmittel. Das gehört genauso dazu. Als ich 1969 zur Firma Sola kam, wollten wir investieren, denn wir hatten nur eine alte Baracke. Eine Dornbirner Bank, die es heute nicht mehr gibt, wollte uns mit unserer damaligen Bilanz kein Geld geben. Wir haben uns dann an die Raiffeisenbank Götzis gewandt, die uns den Kredit finanziert hat. Das ist der Vorteil einer regionalen Bank, wo es noch persönliche Beziehungen gibt. Und das ist bis heute so.
Haben Sie einen Fulltime-Job gegen einen anderen gewechselt?
Nebenher wäre es nicht gegangen, dass ich dieses Mandat wahrnehme, aber ich mache das sehr gerne.
Es gehört dazu, eine gute Idee zu finanzieren, auch wenn nicht genug Eigenmittel da sind.
Zur Person
Dipl.-Vw. Dr. Walter Hörburger
langjähriger Geschäftsführer Sola Messwerkzeuge, Aufsichtsratsvorsitzender der Raiffeisenlandesbank Vorarlberg, Obmann der Raiffeisen Funktionärs Genossenschaft, seit 30 Jahren Aufsichtsratvorsitzender der Raiffeisenbank in Götzis
Geboren: 9.6.1946
Ausbildung: Diplomstudium Volkswirtschaft, Doktorat Wirtschaftswissenschaften
Laufbahn: 1969 Eintritt Sola Messwerkzeuge als Buchhalter, später als Geschäftsführer (Pensionsantritt 2008)
Familie: verheiratet, 2 Kinder, 2 Enkel
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.