Das Spiel mit dem Feuer
Was derzeit mitten im Mittelmeer passiert, lässt viele Beobachter sprachlos – manche atemlos (vor Angst) – zurück. Und man kann die Situation auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen: Lachend, weil die Verantwortlichen der Euro-Länder nun auch jene zur Kasse bitten wollen, die immer bei den Abcashern sind, jene, die ihre Gewinne steuergünstigst in Nikosia geparkt haben und die trotz Krise immer reicher und reicher wurden. Zehn Prozent ihrer Vermögen sollten einbehalten werden. Das trifft nicht nur russische Oligarchen, die das kleine EU-Land praktisch besetzt haben, das gilt auch für findige Österreicher. Immerhin drei Milliarden Euro aus österreichischen Quellen sollen auf Zypern steuersparend ruhen. Der Beitrag zur Verhinderung des Staatskonkurses ist gerecht.
Weinen könnte man über die zyprische Regierung und die findigen Euro-Manager, dass sie auch von kleinen Sparern einen Obolus verlangen – wobei man geteilter Ansicht darüber sein kann, ob jemand, der 100.000 Euro auf der hohen Kante hat, noch zu den „kleinen“ Sparern zählt oder doch schon zu den „mittleren“. Das ist ein beispielloser Tabubruch, der auch das Ergebnis zeitigte, das man sich auch ausmalen kann, wenn man nicht über viel Fantasie verfügt. Die Menschen toben, sie sind verzweifelt und sie sind nun bald eine Woche ohne Geld. Das war doch zu erwarten und es könnte Dämme brechen, die bislang leidlich gehalten haben. Die Sparer werden ihre Scheine in Sicherheit bringen, und wenn’s nur unter der Matratze ist. Nicht nur in Zypern. Auch in Griechenland, Italien und Spanien. Selbst schreckhafte Österreicher werden Papier zu Gold machen. Das Spiel mit dem Feuer, das die Sanierer der Eurozone begonnen haben, droht wirklich außer Kontrolle zu geraten.
Sollte die Feuerwehr rechtzeitig die Glutnester löschen, dann gibt es einiges zu sanieren. Es geht einfach nicht an, dass innerhalb der EU die Steuergepflogenheiten so differieren, dass es sich lohnt, nach Zypern, Luxemburg oder auch Österreich auszuweichen. Es darf nicht sein, dass verdient, wer seinen Standortstaat übervorteilt. Und dabei sollten die Herrschaften auch endlich einmal die Lobbyisten außen vor lassen, die immer vom Nachteil für die Wirtschaft faseln. Zum Nachteil für alle – auch und vor allem für die Wirtschaft – ist das, was derzeit angerichtet wird. Ein vollkommener Verlust des Vertrauens in den Euro, in die Europäische Union und in das Bankensystem – die guten Eigenschaften, die auch uns zu Wohlstand und Sicherheit verhelfen, sind derzeit nämlich nicht mehr sichtbar.
andreas.scalet@vn.vol.at, 05572/501-862
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