Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Zu alt, zu jung und zu fahrlässig

Markt / 21.05.2014 • 22:05 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Wer jung ist, hat es schwer. Und wer alt ist, sowieso. Wer am Arbeitsmarkt erfolgreich sein will, sollte über 25 Jahre alt sein und über berufliche Erfahrung verfügen. Mit 45 Jahren ist die berufliche Erfahrung dann allerdings kein Kriterium mehr. Dann ist man vielfach zu alt für viele Personalverantwortliche.

 

Das Alter, in dem man sich am Arbeitsmarkt schwertut, wandert zusehends nach unten. Bis vor Kurzem war es noch die Gruppe „50 plus“, die damit rechnen musste, bei Jobverlust dauerhaft arbeitslos zu werden. Heute sind sich die Arbeitsmarkt-Fachleute einig, dass die ernsthaften Probleme bei der Jobsuche mit 45 beginnen. Vergangene Woche trafen sich deshalb Unternehmer und Personaler bei der Firma Getzner in Bürs, um Erfahrungen mit dieser zumindest am Arbeitsmarkt „auffälligen Gruppe“ auszutauschen.

 

Dass Unternehmer, AMS und Arbeitsprojekte die Thematik inzwischen aufgreifen, ist auf jeden Fall gut. Dass es die Thematik überhaupt gibt, ist aber schon hinterfragenswert. Wenn man heutzutage mit bereits im Alter von 45 Jahren langsam aus dem Arbeitsprozess ausgegliedert wird, muss sich das eine Volkswirtschaft leisten können. Und auch die einzelnen Unternehmer müssen gut aufgestellt sein, wenn man andererseits öffentlichkeitswirksam und händeringend nach qualifiziertem Personal sucht.

 

Wenn sich die „Wunsch-Lebensarbeitszeit“ bei Stellenausschreibungen auf knapp zwanzig Jahre verdichtet, dann werden alle politischen Diskussionen und Berechnungen hinfällig, dann muss man sich eher darum kümmern, wie man diese Menschen in der vielen freien Zeit beschäftigt. Und dann wäre angeraten, ernsthaft über ein arbeitsloses Grundeinkommen nachzudenken.

Dieses Arbeitskräftepotenzial zu negieren, kann man nicht anders als grob fahrlässig nennen. 45-Jährige sind (oder besser: waren) auf dem Höhepunkt ihres Schaffens – jung genug, um einen großen Beitrag im Beruf zu leisten, alt genug, um jungen Mitarbeitern Wissen vermitteln zu können. Und hört man sich bei aufgeschlossenen Arbeitnehmern um (wie das in diesem Zusammenhang klingt!) sind es besonders die älteren Mitarbeiter, die für das gute Klima im Betrieb sorgen.

Arbeitsinitiativen und AMS bieten für Über-45-Jährige Teilqualifizierungskurse an, die auf die Bedürfnisse der Unternehmen zurechtgeschnitten werden. Das ist doch ein Angebot, das auch für Personalverantwortliche interessant sein könnte. Oder?

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862

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