“Wir machen alles falsch, was man nur falsch machen kann“

Markt / 05.02.2015 • 22:13 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Zu Besuch bei den VN: WKV-Präsident Manfred Rein und Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich. Foto: VN/Hartinger
Zu Besuch bei den VN: WKV-Präsident Manfred Rein und Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich. Foto: VN/Hartinger

WKÖ-Präsident Leitl zu Sorgenkindern, Musterschülern und Rosen für Manfred Rein.

Schwarzach. (VN-reh) WKÖ-Präsident Christoph Leitl ist auf Wahlkampftour durch Vorarlberg. Die Wirtschaftskammerwahlen stehen an, und er setzt dabei im Land großes Vertrauen auf seine „Köpfe“. Auf einem Bierdeckel las er unlängst den Spruch „Rein – das Beste“. Dem sei nichts hinzuzufügen, streut er seinem Vorarlberger Präsidenten Rosen. In der Person von WKV-Präsident Manfred Rein und weiteren Persönlichkeiten sei der Wirtschaftsbund sehr gut aufgestellt, erklärt er im Gespräch mit den VN.

Für die europäische Wirtschaft zeichnet Leitl derzeit aber kein gutes Bild. Man sei Letzter beim Wachstum im weltweiten Vergleich. Genauso wenig bekommt Österreich gute Noten. „Es gibt eine Dynamik in Asien und Lateinamerika. Nordamerika ist dabei, massiv aufzuholen, Afrika hat man aus dem Blickfeld verloren und überlässt es den Chinesen. Mit Russland hat man sich verkracht. Wir machen derzeit alles falsch, was man falsch machen kann.“ Die Sanktionen fand Leitl von Anfang an nicht richtig. Vielmehr freut er sich über den Vorschlag der deutschen Kanzlerin Angelika Merkel zur Einrichtung einer Freihandelszone „von Lissabon bis Wladiwostok“.

„Vorarlberg ist toll“

Für Vorarlberg findet er lobende Worte. Das Land sei toll, noch nie gab es so viele Betriebe, so viele Beschäftigte und solche Exportumsätze wie heute. „Vorarlberg ist, was den Export anbelangt, geografisch in den besten Topf gelost worden.“ Eine Abhängigkeit sieht er darin nicht. Als Unternehmer trage man immer gewisse Risiken, und man sei eben nicht in den USA, wo man alles im eigenen Land verkaufen könne.

Auch viele VN-Leser hatten im Vorfeld ihre Fragen an den WKÖ-Präsidenten formuliert. „Herr Leitl, was kann man tun, um die Mutlosigkeit unserer Politiker zu beheben? Würden mehr Fachleute in der Politik Abhilfe schaffen?“ Vorarlberg habe bereits einen tollen Fachmann in der Regierung, der auf vielen Baustellen unterwegs sei, sprach Leitl von Finanzminister Hans Jörg Schelling. „Ich traue ihm den Mut zu, um für richtig Erkanntes umzusetzen. Das trauen sich nicht viele, aus Angst, die Popularität zu verlieren.“ Eine Frage griff den „Small Business Act für Europa“ auf, der davor warnt, dass die EU-Mitglieder durch Übererfüllung von Richtlinien die Vorstöße auf europäischer Ebene zur Erleichterung des Verwaltungsaufwandes für KMU wieder zunichtemachen. „Man könnte vieles viel einfacher machen.“ Es könne nicht sein, dass die EU 60 Prozent vorschreibt und Österreich 120 Prozent erfülle.

Handwerkerbonus ist ein Hit

Dass der Handwerkerbonus in Vorarlberg nicht erfolgreich ist, sieht Leitl nicht dramatisch. Die Vorarlberger seien nicht Feind ihres Geldes und werden ihn in Zukunft sicher stärker in Anspruch nehmen. Ansonsten sei die Nachfrage sehr gut, die 20 Millionen an Budget würden wohl schon im Sommer ausgeschöpft sein. Der Bonus sei für alle Steuerzahler ohne Ausnahmen abrufbar und „ein Hit“.

Zum Thema Lohnkosten bekräftigt Leitl seine eigene Idee: Betriebe, die gut gehen, sollen auf freiwilliger Basis pro Jahr 1000 Euro Prämie an Mitarbeiter auszahlen können, mit 25 Prozent Pauschalabgabe als KÖSt.-Ersatz. So hätten Mitarbeiter 750 Euro netto. Mit der derzeit hohen Steuerbelastung machte Leitl gerade Erfahrung im eigenen Unternehmen. Er zahlte seinen Mitarbeitern zu Weihnachten eine Prämie aus. Sie hätten sich sehr gefreut, „nur kamen sie dann und sagten, leider ist nichts davon übrig“.

Wir haben einiges erreicht, aber es gibt noch sehr viel zu tun.

Christoph Leitl

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