Alles zur rechten Zeit

Multitasking kann gravierende Folgen haben – für die Karriere ebenso wie für das eigene Gehirn.
STUDIE. (VN-dh) Vor allem im Zeitalter, in dem Smartphone und Tablets den Büroalltag prägen, scheint es das Normalste der Welt zu sein, mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen. Doch ein Held ist man deswegen noch lange nicht. Im Gegenteil. Wer alles zur selben Zeit erledigen will senkt dadurch seine Arbeitsleistung und nimmt auch eine höhere Fehlerquote in Kauf. Eine Studie der Universität von Stanford kam zum Schluss, dass leidenschaftliche Multitasker nicht nur schlechtere Ergebnisse als eine Vergleichsgruppe aufwiesen, sondern beim Wechsel von einer Aufgabe zur nächsten auch langsamer war. Das Schlimmste ist jedoch, dass man einer Studie zufolge langfristig auch dem eigenen Gehirn schadet.
IQ sank dramatisch
Dazu passend ist die Episode, in der ein Zen-Schüler seinen Meister fragt, was ihn denn von ihm unterscheidet. „Wenn ich esse, dann esse ich, wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich schlafe, dann schlafe ich“, antwortet der Meister. Als darauf der Schüler meint, dass er das auch tue, weist ihn der Meister zurecht: „Nein, wenn du gehst, denkst du ans Essen, wenn du schreibst, denkst du ans Schlafen und so weiter. Das ist der Unterschied.“ Was der Zen-Meister damit verdeutlichen will ist, dass sich ein Mensch auf jene Sache konzentrieren soll, die er gerade tut. Das menschliche Gehirn ist im Normalfall nicht dafür ausgerichtet, mehrere Dinge gleichzeitig und vor allem gleich gut zu erledigen. Eine Studie der Universität von London konnte schon vor neun Jahren nachweisen, dass Versuchspersonen, die neben kognitiven Aufgaben gleichzeitig andere Dinge machten, ähnliche Leistungen zeigten wie nach dem Konsum von Marihuana oder einer durchwachten Nacht. Bei multitaskenden Männern sank der IQ sogar auf das Niveau eines Achtjährigen. Und Wissenschaftler der Universität von Sussex in Großbritannien haben Personen untersucht, die häufig mehrere Dinge gleichzeitig machen, und mittels MRT ihre Gehirnregionen gescannt. Dabei fanden sie Veränderungen in der grauen Substanz in jenem Gehirnabschnitt, der Emotionen, Erinnerungen und Lernprozesse verarbeitet, geringer.
Emotionale Intelligenz
Der Neurowissenschaftler und Studienautor Kep Kee Loh warnt in einem Interview mit der Zeitschrift „Forbes“ vor den negativen Effekten von Multitasking. „Die Art, wie wir damit umgehen, ändert auch die Art, wie wir denken. Und diese Veränderungen spiegeln sich in den Hirnstrukturen.“ Auch wenn der wissenschaftliche Beweis fehlt, gibt es den Verdacht, dass Multitasking etwa die emotionale Intelligenz negativ beeinflussen kann. Dabei ist es gerade die Fähigkeit, auf Gefühle und Bedürfnisse anderer einzugehen, ein Merkmal, das Führungskräfte mitbringen sollten. So zeigen Topmanager etwa bei Tests hohe Werte bei der emotionalen Intelligenz.
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