Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Intelligenz macht anfällig

Markt / 11.02.2015 • 22:22 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Es war kein Zufall. Das Ergebnis des Experiments, das Wissenschafter mit Affen machten, ist eindeutig. Die Primaten durften im Rahmen eines Experimentes der Londoner Cass Business School jeweils 1000 Aktien aus einem Kosmos von Aktien auswählen. Diese Zufallstitel wurden zu einem Index verbunden und gewichtet. Der Versuch lief
43 Jahre und wurde insgesamt zehn Millionen Mal wiederholt, um sicherzugehen, dass die Ergebnisse aussagekräftig sind. Die Schimpansen schlugen ihre humanoiden Verwandten beim Aktienkauf.

 

Die Forscher lieferten auch eine Erklärung für das eindeutige Ergebnis. Der Grund liegt im menschlichen Gehirn: Was uns Menschen intelligent macht, macht uns nämlich auch anfällig für Fehlannahmen und Selbsttäuschungen. Und das kann an der Börse böse enden.

 

Vielleicht sollte man auf die engsten Verwandten des Menschen auch auf anderem Gebiet hören. Denn eine Auswertung der wichtigsten Wirtschaftsprognosen für Europa der letzten Jahre offenbart, dass die Wirtschaftsweisen zwar riesigen Aufwand betreiben, aber mit ihren Prognosen in den meisten Fällen falsch lagen.

Sicher, Prognosen geben zumindest eine Richtung vor. Und vielleicht trifft deshalb nicht ein, was sie vorhergesagt haben, weil die Allgemeinheit, Unternehmen und Wirtschaftspolitiker ihre Schlüsse aus den vielen Zahlen gezogen haben und ihr Handeln danach richten. Wir werden es nicht wirklich ergründen.

 

Der Einfluss der Prognostiker aber auf das allgemeine Wohlbefinden ist auf keinen Fall zu unterschätzen. Denn nach den derzeit düsteren Vorhersagen richten sich die Menschen. Der Pessimismus ist ansteckend. Firmen verschieben Investitionen, sie stellen keine neuen Mitarbeiter ein, Forschung und Entwickling werden eingeschränkt. Private verzichten auf den Hausbau, sie üben sich in Konsumverzicht und streichen den Urlaub, weil die Wirtschaftsforscher schwarz malen.

 

Und sie erleben vielleicht ein Fiasko, weil die Institute ein wirtschaftliches Hoch vorhergesagt haben, das sich ins Gegenteil verkehrt. Die „Untersuchung der Untersuchungen“ zeigt eines ganz gewiss: Die aktuellen Prognose-Methoden bedürfen der Weiterentwicklung, damit die Treffer mehr werden. Und sie zeigen, dass man sich zwar an den Vorhersagen orientieren kann, aber immer noch auf den eigenen Verstand und das eigene Gefühl vertrauen sollte.

Vielleicht sollte man auf die engsten Verwandten des Menschen auch auf anderem Gebiet hören.

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862

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