„Vorsicht ist aktuell die richtige Strategie“

Sulz. Markus Baur leitet seit zwei Jahren die Geschicke des Prüf- und Messtechnikunternehmens in dritter Generation. Im Interview spricht er über den Erfolg in der Nische und wieso die ganze Welt die Baur-Technik braucht.
Kaum ein Kraftwerks- oder Netzbetreiber kann auf Ihre Prüf- und Messgeräte verzichten. Dennoch ist es ein Nischenmarkt. Wie lebt es sich als Hidden Champion?
Baur: Es ist faszinierend, in der Nische Champion zu sein, und immer spannend, wenn man weltweit für seine Produkte Beachtung findet. Es ist eine komplexe Technologie, aber im Kern geht es darum, dass wir dabei helfen, den Stromfluss zu sichern. Wenn der Strom verteilt wird, fließt er durch Kabel und diese können wir mit unseren Geräten analysieren und Fehler punktgenau orten. Ganz aktuell konnten wir einem Kunden im asiatisch-pazifischen Raum dabei helfen, einen Fehler in einem 300 Kilometer langen Seekabel zu finden.
In Asien macht Baur 40 Prozent des Gesamtumsatzes. Wieso ist der Markt so stark?
Baur: Baur hat den Ursprungsmarkt in Europa, der aber in der Tendenz eher rückläufig ist. Internationale Märkte wachsen. Die gesamte Welt braucht Prüf- und Messtechnik dieser Art. Wir zählen zu Asien auch den Nahen Osten, der besonders in den letzten Jahren ein gutes Wachstum verzeichnete. Vergangene Hoffnungsmärkte wie Russland sind heute nicht mehr so attraktiv. Da haben wir einiges verloren. Vor dem Hintergrund der Ölkrise ist auch die Entwicklung im Nahen Osten in den rohstoffstarken Ländern mit Vorsicht zu betrachten. Wenn man aber weltweit verteilt die Märkte bearbeitet, kann man vieles ausbalancieren.
Viele Stromkonzerne schwächeln derzeit, wie wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Baur: Die Finanzzahlen der Stromkonzerne sind nicht sehr erfreulich. Aber Strom ist weiterhin en vogue, auch wenn es aktuell einen Dämpfer gibt. Es ist ein stetig wachsender Markt mit wenig Dynamik. Das heißt, es gibt keine zwanzig Prozent Wachstum, aber auch kein Minus in der Größenordnung. Für heuer sind wir vorsichtig optimistisch. Wir haben einige Innovationen gebracht, sodass wir auf der Umsatzseite wachsen können. Gleichzeitig sind wir aber vorsichtig mit Investitionen. Das ist aktuell sicher die richtige Strategie.
Auch beim Plan, eine neue Firmenzentrale zu bauen?
Baur: Wir sind mit Hauptstandort, Bürocontainer und Außenlager in Sulz sowie der Produktionsstätte in Röthis logistisch nicht optimal aufgestellt. Das Ziel war also schon richtig. Durch die Situation mit den verunsicherten Energieversorgern in Europa und der Ölkrise sind wir aber vorsichtig geworden und haben die Pläne vorerst auf Eis gelegt.
Was machen Ihre Mitbewerber?
Baur: In Europa gibt es zwei, in Amerika und Asien gibt es Firmen, die aber eher regional orientiert sind. Die Produkte der europäischen Anbieter unterscheiden sich hinsichtlich Qualität und Präzision. Was in Österreich gut ankommt, kann man durchaus überall verkaufen.
Ihr Anspruch an Fehlerlosigkeit und Sicherheit ist dementsprechend hoch.
Baur: Wir arbeiten mit Hochspannungsgeräten, da sprechen wir von 38.000 bis 90.000 Volt. Deshalb spielt Sicherheit eine große Rolle. Bislang gab es zum Glück noch nie einen Unfall im Haus oder bei Kunden. Zudem wird die Bedienungsfreundlichkeit immer wichtiger. Weil sich die physikalischen Parameter von Fehlerortung oder Diagnose verändern, setzen wir Schritte in der Usability oder in der Vernetzung der Geräte.
Ist es angedacht, das Know-how von Baur auch für andere Anwendungen zu nutzen?
Baur: Wir stellen uns immer die Frage, welche Kernkompetenzen haben wir, und welchen Marktsegmenten wäre das noch dienlich. Aber am Ende stellen wir fest, im Stammbereich gibt es genügend Spielwiesen, wo wir bestehende Kompetenzen so erweitern können, dass wir den besten Return haben.
War für Sie immer klar, dass Sie den Betrieb von Ihrem Vater übernehmen?
Baur: Klar war das nicht immer. Während der Jugend wird man mit einer breiten Palette an Lebensentwürfen konfrontiert. Nach dem Studium hatte ich das Glück, vertieft ins Personalwesen einzusteigen und die Organisation und die Menschen dahinter kennenzulernen. Das war ein idealer Einstieg. So entstand die richtige Lust am Unternehmen. Man muss sich das aber schon sehr gut überlegen.
Wobei Ihr erstes Jahr nicht einfach war. Sie mussten Kurzarbeit anmelden.
Baur: Der Einstieg war sehr dynamisch. Da bin ich quasi noch einmal neu auf die Welt gekommen. Im Ergebnis war es aber sehr heilsam. Phasen mit einmal mehr und einmal weniger Arbeit sind in einem projektorientierten Geschäft durchaus üblich. Wichtig ist, die Dinge anzupacken und durchzuziehen. Das Team steht voll dahinter, die Stimmung ist sehr positiv.
Es gibt weltweit kaum ein Land, in dem unsere Prüf- und Messgeräte nicht zu finden sind.

Kennzahlen
» Gegründet: 1945
» Gesellschafter: Familie Baur
(100 %)
» Beschäftigte in Vorarlberg: 186
» Umsatz 2015: 22,4 Mill. (+5%)
» Investitionen in Prozent vom Umsatz: 3 %
» Export: 98 %
» Joint Ventures und Beteiligungen: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Brasilien, Spanien
Zur Person
Markus Baur
Geschäftsführer und 25-Prozent-Gesellschafter der Baur GmbH in Sulz
Geboren: 11. Oktober 1978
Ausbildung: Handelsakademie, Studium an der Fachhochschule Vorarlberg (Betriebliches Projekt- und Prozessmanagement), technische Weiterbildung
Laufbahn: Stationen in den USA, Deutschland und Zypern, verschiedene Führungsaufgaben; ab 1. Juli 2013 Leitung der kaufmännischen Agenden bei Baur, seit 2014 alleiniger Geschäftsführer.
Familie: verheiratet, drei Kinder