“Verkauf war die völlig richtige Entscheidung”

Feldkirch. Reinhard Metzler hat zu Hause auf 18 Quadratmetern begonnen, Werkzeuge zu verkaufen. Heute ist er mit dem Handelsunternehmen sowie der Fertigungstechnik Arbeitgeber für 82 Menschen. Im Interview spricht er über die Herausforderungen und was Handschlagqualität bedeutet.
Sie haben 1990 einen Handel für Werkzeugmaschinen gegründet. Wie konnten Sie in einem schon damals gut besetzten Markt wachsen?
Metzler: Der Markt hätte die Firma Metzler nicht gebraucht. Es war ein rein nationaler Markt, der sehr gut besetzt war. Geografisch war es nicht unbedingt ein Vorteil. Ich bin bis zu 100.000 Kilometer im Jahr gefahren. Im Nachhinein war es aber gut, weil wir dadurch weg waren vom Mitbewerb in Wien. Sie hatten uns anfangs nicht im Fokus und gar nicht gemerkt, dass es uns gibt. Bis sie es gemerkt haben, hatten wir schon eine beachtliche Größe. Durchgesetzt haben wir uns vor allem mit unserem Praxisbezug. Ich habe Werkzeugmacher und die neuen Technologien gelernt und dadurch einen großen Vorteil. Ich habe auch Aufträge abgelehnt, wenn ich nicht das richtige Produkt für die Anforderungen des Kunden hatte. In der Folge hat mir das eine Unzahl mehr an Aufträgen eingebracht. Neben dem Verkauf haben wir auch stark auf den Service gesetzt. Das erste Produkt verkauft ein Verkäufer durchaus auch durch Rhetorik, die nächsten aber nur, wenn man dazu eine gute Dienstleistung bietet.
In Ihrem Programm haben Sie rund 60.000 Werkzeuge, dazu Maschinen und Logistiksysteme. In welchen Branchen sind Ihre Kunden tätig?
Metzler: Am Anfang war es der Werkzeug- und Formenbau, also die Metallbe- und -verarbeitung. Überall dort, wo Späne fallen. Das ist der Industriebetrieb genauso wie das Zweimann-Unternehmen. In den 90er-Jahren haben wir sicher 300 Start-ups mitbegleitet. Was mich riesig freut, ist, dass ich sicher hundert aufzählen kann, die heute zwischen 50 und 500 Mitarbeiter haben. Schade ist nur, dass die Zeit der Neugründungen in dieser investitionsintensiven Branche so gut wie vorbei ist.
Wie kam es dazu, dass Sie als Handelsunternehmen anfingen, selbst zu produzieren?
Metzler: Der Plan, selbst zu produzieren, war eigentlich immer da. 1995 kamen zwei ehemalige Schulkollegen zu mir, die sich selbstständig machen wollten. Da sie die Finanzierung aber nicht bekamen, habe ich spontan gesagt, ich übernehme das. So ist 1996 die Metzler Fertigungstechnik entstanden, die sich auch bemüht hat, Teile zu produzieren, so wie es auch viele unserer Kunden tun. In Vorarlberg hat das aber die eine oder andere Frage aufgeworfen und ich habe zwei Kunden verloren. Auch Mitbewerber haben versucht, mich auszubooten. Ich habe das aber immer klar kommuniziert und mit offenen Karten gespielt.
Sie haben dann auch angefangen, Produkte zu entwickeln . . .
Metzler: Wir haben Zehntausende Produkte, die wir produziert bekommen. Aber wenn ich draußen bin, schaue ich genau hin, was läuft und was nicht. So ist mir die Idee zu CLIP-O-FLEX gekommen, ein flexibles Einhängesystem für Werkzeug oder Kleinteile. In der Folge kamen dann die OPT-I-STORE-Hartschaumeinlagen, die für Ordnung bis zur kleinsten Schraube sorgen. Beides sehr erfolgreiche Produkte. Ich habe persönlich noch nie einen Euro aus dem Unternehmen genommen, sondern alles immer reinvestiert. Das letzte Hemd hat keine Taschen, da setze ich das Geld lieber in Arbeitsplätze ein.
Schon 1998 haben Sie mit Hahn & Kolb einen Gesellschafter in die Firma geholt, der heute Alleineigentümer des Handelsbetriebs ist. Eine Voraussetzung für weiteres Wachstum?
Metzler: Zunächst war das gar kein Thema. Wir wussten, wir kommen in einen europäischen Wirtschaftsraum. Ich habe immer wieder überlegt, wo könnten wir unter Druck geraten. Das kann man mit einem Handelsunternehmen dann, wenn man zu kleine Märkte hat. Ich musste überlegen, ob ich das selbst schaffe, den Betrieb international aufzustellen. Zu dem Zeitpunkt kam ein Anruf von Hahn & Kolb aus Stuttgart, einer Würth-Tochter. Sie wollten expandieren und unsere Firma kaufen. Kurzum: Ich habe mich sehr schnell entschieden zu verkaufen, um die Zukunft zu sichern. Wenn ich heute zurückschaue, war das die völlig richtige Entscheidung. Durch die Globalisierung beliefern wir immer mehr österreichische Unternehmen an ihren Standorten wie Mexiko, China oder den USA. Der Lieferant ist zwar die Hahn & Kolb Gruppe, aber wir sichern dadurch den Kunden in Österreich.
Sie sind nach wie vor Geschäftsführer und Kopf des Unternehmens. War es leicht, als Gründer loszulassen?
Metzler: Die Wehmut wäre groß gewesen, wenn das Unternehmen nicht mehr den Namen tragen würde. Es hat mich noch nie gereut. Ich darf das Unternehmen so führen, wie ich es für richtig halte. Da redet mir niemand hinein.
Das letzte Hemd hat bekanntlich keine Taschen. Da investiere ich das Geld lieber in Arbeitsplätze.

Kennzahlen
» Umsatz 2015: 23,7 Mill. Euro
» Aktive Kunden: 2500
» Mitarbeiter: 82 in den Unternehmen Metzler GmbH & Co Kg (67) und Metzler Fertigungstechnik (15, im Besitz von Reinhard Metzler)
Zur Person
Reinhard Metzler
100-Prozent-Gesellschafter und Geschäftsführer Metzler Fertigungstechnik GmbH Feldkirch; Geschäftsführer Metzler GmbH, Rankweil
Geboren: 30.10.1960
Ausbildung: nach der Pflichtschule Lehre als Werkzeugmacher bei Hirschmann
Laufbahn: Leiter Metallwerkstätten und CNC-Ausbildung im Wifi Vorarlberg; 1990 Start in die Selbstständigkeit mit dem Handelsunternehmen Metzler, 1996 Gründung der Metzler Fertigungstechnik; 1998 Verkauf der Metzler GmbH an die Hahn & Kolb Gruppe Stuttgart (Teil des Würth-Konzerns).
Familie: verheiratet, zwei Kinder
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