„Stehen Global Playern in nichts nach“

Heiner Messerle ist überzeugt: Niemand kann besser sein als der, der beim Kunden vor Ort ist.
Mäder Heiner Messerle, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Familienunternehmens, über das papierlose Büro, den Vorteil von Eigenmarken und wie man ein Sortiment mit 18.000 Artikeln managt.
Ende der 1980er-Jahre wurde das papierlose Büro vorhergesagt. Wird heute weniger Papier verbraucht als vor 30 Jahren?
Messerle Bei Papier wird es schon weniger. Dokumente werden digital erfasst, es gibt elektronische Archive. Es wird im Bürobedarf allgemein weniger. Allein wenn man bedenkt, was man früher an Aktenordnern gebraucht hat, hat sich das schon stark verändert. Früher hat man auch 10.000 Kataloge gedruckt, heute wird viel mehr auf Bedarf produziert. Aber wir halten uns dennoch recht gut.
Tatsächlich gab es aber auch in Ihrer Branche – im Bürowarenhandel – einen Strukturwandel. Wie hat Messerle diesen Wandel genutzt, was haben Sie unternommen, um sich weiterzuentwickeln?
Messerle Wenn man heute am Markt bestehen will, muss man verschiedene Ebenen abdecken. Das fängt klassisch bei der Präsenz am Markt an, von der Werbung bis zum Außendienst. Zudem braucht es eine funktionierende Logistik im Hintergrund. Wenn man bedenkt, dass Global Player wie Amazon innerhalb von 24 Stunden aus einem Lager in Europa ausliefern, können wir als Vorarlberger Unternehmen mit Kunden in Vorarlberg dieser Entwicklung nicht nachstehen. Ob es das immer braucht, ist ein anderes Thema. Zudem haben wir ein sehr buntes, breit gestreutes Sortiment in unseren drei großen Themenbereichen Büro, take away und Gastronomie. Vieles fließt hier ineinander. Ein take-away-Kunde braucht beispielsweise auch Bürobedarf. Insgesamt müssen wir schnell, einfach und unkompliziert agieren. Letztlich zeigt sich, dass die Neuausrichtung verschiedener Baustellen für uns kein schlechter Weg war.
Die Digitalisierung ist in aller Munde. Wie gehen Sie mit diesem Thema um? Wie nutzen Sie die neuen Möglichkeiten?
Messerle Die Erwartungshaltung ist hoch. Nicht nur bezüglich Webshop, sondern auch der Bereich der elektronischen Bestellung hat eine riesige Gewichtung. Wir bieten den Kunden Einkaufs-Tools an. Das reicht bis hin zu individualisierten Anbindungen wie Inhouse-Formate oder eProcurement-Systeme. Datentransformation ist eine Aufgabe, die sehr wichtig ist. Ohne das ginge es gar nicht. Hier stehen wir einem Global Player in nichts nach.
Der Bereich take-away-Verpackungen für Gastronomie und Handel wächst. Welches Potenzial sehen Sie darin?
Messerle Das ist ein Markt, der ständig wächst und weiter wachsen wird. Es werden immer mehr „to go“-Produkte angeboten. Wir bieten hier nicht nur die klassische Verpackung, sondern alles, was an Verpackungsmaterial an der Theke benötigt wird. Vom Fleischwickelpapier und der Menübox bis hin zum Salatbeutel und der Pizza-Verpackung. Auch der Gastro-Bereich wird immer weitläufiger. Die Produktvielfalt zieht sich von Küche und Restaurant bis hin zu Zimmer, Rezeption und Bad durch.
Sie haben 18.000 Produkte am Lager, 1000 verschiedene Marken. Nach welchen Kriterien wird das Sortiment zusammengestellt?
Messerle Wir gehen viel auf Messen und haben so ein Gespür, was derzeit am Markt gefragt ist. Es geht darum, Trends zu erkennen und die jeweiligen Produkte frühzeitig verfügbar zu haben. Wir haben auch einige Eigenmarken – eine klimaneutrale Schulheftserie, Büromöbel, Bürobedarf und Verpackungsserien. Eigene Produkte zu entwickeln ist schon wichtig, um sich am Markt etwas abzusetzen. Ansonsten ist die Vergleichbarkeit endlos. Speziell im Bürobedarf ist es dramatisch. Die Hersteller werden immer weniger, die großen Markenartikler immer größer, aber auch formeller. Durch die Eigenmarken können wir etwas gegen den Trend schwimmen.
Ihr Ziel ist es, sich bei den Kunden unentbehrlich zu machen: Was bedeutet das in der Praxis?
Messerle Der Kunde soll das bekommen, womit er arbeiten möchte. Der eine will einen Katalog, der andere online bestellen. Wir müssen da auf vielen Hochzeiten tanzen. Es gibt eigene Belieferungskonzepte für Kunden, und wir haben eine App entwickelt. Mit me:order können Artikel einfach und schnell bestellt werden. Denn oft ist der Beschaffungsaufwand für Büromaterial enorm hoch. Wir setzen aber nicht nur auf neue Medien, sondern auch auf die Betreuung vor Ort. Wir sind so präsent, wie der Kunde das möchte.
Was sind die Pläne von Messerle? Wohin wollen Sie sich entwickeln?
Messerle Wir sind bei drei Genossenschaften dabei und bekommen so viel Input, was in Europa passiert. Der Austausch ist wichtig, um zu sehen, in welche Richtung es gehen kann und welche Herausforderungen auf uns zukommen. Die Global Player brechen leider immer alles auf den Preis herunter. Besser sind sie ja nicht. Es kann keiner besser sein als der, der beim Kunden vor Ort ist. Wir kennen unsere Kunden zum Teil seit dem Jahr 1960, und wir liefern genauso am nächsten Tag. Die Frage ist: Brauche ich eine Belieferungsmöglichkeit innerhalb einer Stunde? Aber auch solche Dinge könnten wir, wenn es sein müsste. Wir können das Rad nicht neu erfinden, aber es gilt, dranzubleiben.
War Ihnen immer klar, dass Sie in den Familienbetrieb einsteigen?
Messerle Als Kind ging ich mit meiner Mutter mit auf Botengänge. Mein Vater war blind, und auch von ihm habe ich viel mitbekommen. Er hatte alles im Kopf. So bin ich hineingewachsen, und es war für mich nie ein Thema, etwas anderes zu machen.
„Mittelständische Unternehmen wie wir es sind, sind in unserer Branche dünn gesät.“

Kennzahlen
Gegründet 1960 von Elmar Messerle
Geschäftsführer Heiner Messerle, Thomas Rhomberg (Firma in Familienbesitz)
Umsatz 2016 20 Millionen Euro
Mitarbeiter 50
Artikel 18.000 auf Lager, 1000 Marken, 99,7 Prozent Lieferfähigkeit (Schreibwaren, Papier, Verpackungen)
Logistikflächen 7700 Quadratmeter in Mäder und Rankweil
Privat
Heiner Messerle
Geschäftsführer und Gesellschafter Messerle GmbH
Geboren 2. Mai 1965
Ausbildung Volksschule, Hauptschule, duale Ausbildung
Laufbahn Fa. Messerle seit Beginn der Lehre
Familie verheiratet, zwei Kinder
Hobbys? „Die Arbeit“, antwortet Heiner Messerle spontan. Doch neben der Arbeit, die ihn erfüllt, hat Messerle auch noch andere Aufgaben, die er in der Freizeit erledigt, „und das gerne“, wie er betont.
Er ist quasi Stallmeister bei seiner Frau Karin, die unter dem Namen „Sattelfest“ reitpädagogische Förderprogramme anbietet. „Wir haben zwei Kleinpferde, ein Fjordpferd und einen Isländer“, berichtet Heiner Messerle. Er führe keine Programme durch, aber er sei im Stall behilflich, auch wenn Reparaturen anfallen, „das ist mein Hobby“. Früher setzte er sich auch noch aufs Fahrrad, doch in letzter Zeit komme er nicht so richtig dazu. „Ich mach so gut wie keinen Sport“, bekennt der Kaufmann.