Abseits jeder Science-Fiction

Yvonne Hofstetter über die Welt der künstlichen Intelligenz.
Schwarzach Stellen Sie sich vor, Sie gehen abends ins Bett, Ihre Decke überwacht mittels Sensoren Ihren Schlaf, Ihr Armband misst Ihren Blutdruck, Ihr Wecker weckt Sie, mit der Musik, die sie brauchen. Ihr Haus ist bereits eine halbe Stunde vor Ihnen aufgestanden, die Kaffeemaschine ist an. Nur: Heute macht sie keinen Kaffee, sondern es gibt Tee, weil die Maschine denkt, das tut Ihrer Gesundheit besser.
Willkommen in der Welt der künstlichen Intelligenz und damit von Yvonne Hofstetter. Die Geschäftsführerin der Teramark Technologies GmbH, die sich auf die intelligente Auswertung großer Datenmengen spezialisiert hat und entsprechende Systeme für Behörden und Rüstungsindustrie programmiert, sind solche Szenarien nichts Abstraktes. Sie hat Bücher darüber geschrieben, die regelmäßig auf den Bestsellerlisten zu finden sind.
Digitalisierung ist in der Öffentlichkeit oftmals ein schwarz-weiß-Thema. Wird also entweder als Chance oder als Gefahr gesehen. „Die einen jubeln das Thema hoch, die anderen betreiben Schwarzmalerei“, sagt Hofstetter im VN-Gespräch. Für sie liegt die Wahrheit genau dazwischen. An sich biete Digitalisierung Chancen. In einem aktuellen Projekt ihrer Firma beispielsweise gehe es darum, die Schienennetze zu digitalisieren. „In der Schweiz ist das Instandhaltungspersonal überaltet. Durch solche sinnvolle Anwendungen können wir also das Wissen konservieren.“ Auch in der Industrie könne die Digitalisierung „sinnvolle, schöne Sachen“ implementieren, ist sie überzeugt. Sind Industrieanlagen allerdings vernetzt, seien sie auch anfällig für Angriffe von außen.
Herrschaft der Maschinen?
Bleibt man bei den Gefahren, wird oft auch der Verlust von Arbeitsplätzen befürchtet. Kommt also bald eine Herrschaft der Maschinen? „Fakt ist, wir werden im Jahr 2050 die Erde nicht nur mit Menschen teilen“, sagt Hofstetter. Künstliche Intelligenz sei keine Science-Fiction, sondern Realität. Sie werde zur Universaltechnologie, so wie damals der Strom, und uns als Umgebungsintelligenz wie eine Wolke umgeben. „Die Frage ist nur, inwieweit lassen wir Maschinen in die Souveränität der Menschen eingreifen.“ Künstliche Intelligenz sei in Wirklichkeit ein mathematisches Optimierungsverfahren, das aber auch die Unmündigkeit der Menschen verstärken könne. So wie wenn man eigentlich Kaffee möchte, aber grünen Tee bekommt.
Auch sieht es Hofstetter problematisch, wenn Digitalisierung dazu führt, dass die Überwachung des Menschen zum Geschäftsmodell wird. Also wenn Unternehmen mit diesen Daten Geld verdienen. Das sei aber nur dadurch möglich, dass es ein noch ungeregelter Markt ist. Hofstetter sieht deshalb die Rolle der Politik klar in der Regulierung. Diesen Trend merke man sogar in den USA. „Facebook hat immer damit argumentiert, man sei nur eine Plattform und damit nicht verantwortlich für die Inhalte. Mit der Trump-Wahl und dem Untersuchungsausschuss ist selbst hier Regulierung im Anzug“, so Hofstetter. Das sei eine sehr gute Nachricht.
Hoffnung ergibt sich auch durch den Blick auf die Geschichte. War die industrielle Revolution zunächst geprägt von Kinderabeit und sozialer Härte, habe man letztlich doch die Humanisierung geschafft. „Das kann heute mit der Digitalisierung auch gelingen.“ Aber genau dafür brauche es Regeln.
„Es braucht Risikoanalyse. Man kann nicht etwas erfinden, ohne die Auswirkung zu testen.“