Wenn sich die Zinsen zieren

Eine echte Wende sieht Vermögensverwalter Stephan Fritz nicht.
Dornbirn Was passiert mit den Zinsen? Eine Frage, deren Antwort viele interessieren würde. Eine Glaskugel hat auch Stephan Fritz von der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch nicht. Und gegen eine Notenbank sollte man bekanntlich niemals wetten. „Zinswende oder Zinsende?“ lautete sein Vortrag, den er auf Einladung der Sparkasse Dornbirn vor 200 Kunden hielt. Vorab im VN-Gespräch weist er darauf hin, dass man die Frage mit Blick auf die Zentralbanken in Japan, USA und Europa nicht für alle gleich beantworten kann. In Japan glaube er jedenfalls nicht an eine Zinswende. Dafür sei die Staatsverschuldung viel zu hoch.
Für die USA wird mit einer Zinserhöhung im Dezember gerechnet. Und zumindest weiß man vom neuen Fed-Chef Jerome Powell, dass er den Kurs mit leichten Zinserhöhungen beibehalten wird. Fritz glaubt hier ebenfalls höchstens an homöopathische Mittel. „Jedenfalls keine Zinswende, die den Namen verdient hätte.“ Auch in Europa würden die Schuldenstände diverser Staaten eine echte Trendwende nicht zulassen. Hohe Staatsschulden führen letztlich dazu, dass man sich höhere Zinsen nicht leisten kann. Es werde also insgesamt eher ein „Zinswendchen“ geben.
Der Kurs der Notenbanken bringt somit eine neue Situation mit sich. Konnte man bis vor ein paar Jahren mit Staatsanleihen ordentliche Renditen erzielen, sind die guten Zeiten dieses Ankerpunkts eines jeden Portfolios vorbei. Das heißt, will man sein Vermögen langfristig vermehren anstatt nur erhalten, kommt man an Aktien nicht vorbei. Das bedeutet auch zu lernen, mit Kursschwankungen zu leben.
Wobei Stephan Fritz gute Aktien nicht an einzelnen Ländern oder Kontinenten festmachen will. Sicher, der US-Aktienmarkt übt sich auch ein Jahr nach der Trump-Rally weiterhin in positiver Stimmung und in Europa haben die Gewinne vieler Unternehmen heuer wieder zugelegt. „Das sollte man aber nicht pauschal sehen“, warnt Fritz. Vielmehr gehe es um einzelne Unternehmen und deren Chancen-Risiko-Verhältnis. „Gute Qualitätsunternehmen kosten überall auf der Welt gleich viel. Daher kann man nicht sagen, Europa ist derzeit billiger als die USA.“ Ein Sektor, der ihm derzeit Freude macht, ist der antizyklische Basiskonsum. Auch am Luxusgütermarkt scheint die Durststrecke vorüber zu sein. „Bei hochmargigen Gütern spielt auch der Onlinehandel keine Rolle“, so Fritz.
Gute Firma hält viel aus
Kaum Auswirkungen auf die Börsen haben indes politische Brandherde wie jüngst die Katalonien-Krise. Letztlich würde dadurch kein Kaffee oder keine Zahnbürste weniger verkauft. Ein gutes Unternehmen halte solche Auswirkungen gut aus. Vielmehr sollte man solche Phasen nutzen, um zuzukaufen, rät Fritz. Und wie verhält es sich mit Gold? „Mit der richtigen Erwartungshaltung, ja.“ Gold sei eine Währung letzter Instanz, nicht beliebig vermehrbar und eine gute Versicherung gegen den „schwarzen Schwan“, also gegen unvorhergesehene Ereignisse.