Kurz macht Druck bei der Arbeitszeit

Wenn sich Sozialpartner nicht doch noch einigen, kommt bis zum Sommer die Flexibilisierung.
Dornbirn Heron-Chef Christian Beer macht keinen Hehl daraus, was er von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erwartet: „Wir haben große Hoffnungen in Sie gesetzt“, sagt der Gastgeber bei seinen Begrüßungsworten zur Präsentation der Top-100; um dann aufzuzählen, was in diesem Land nicht so gut läuft. Stichwort Steuern, Stichwort Bürokratie, Stichwort Wohnen. Der Kanzler bittet bei seinem Auftritt zwar um Nachsicht, dass nicht alles klappe, verspricht aber, sich zu bemühen. Und er zählt auf, was die Regierung für Unternehmen noch vor dem Sommer geplant hat.
Dass Unternehmer auf weniger Bürokratie und weniger Steuern pochen, ist nichts Außergewöhnliches. Beer appelliert etwa an Kurz, Investitionen wieder über Jahre hinweg abschreibbar zu machen. „Wir würden heute nicht hier stehen, wenn das damals nicht möglich gewesen wäre“, ist er überzeugt. Außerdem sollen Mitarbeiter, die für einige Monate ins Ausland auf Montage gehen, wieder in den Genuss von Steuerprivilegien kommen. Dies sei eine kleine Schraube im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Beer ist überzeugt: „Nur Innovation macht die Gesellschaft reicher, alles andere ist Umverteilung.“ Was die Mitarbeitermotivation betrifft, bringt Beer das Wohnthema ins Spiel. „Passen Sie auf, dass Wohnen durch Spekulationen mit Grundstücken und Wohnungen nicht so teuer wird, dass Mitarbeiter nicht mehr zuziehen können. Schauen Sie nicht zu, bis es zu spät ist!“
Sparen und kein „Golden Plating“
Der angesprochene Kanzler bilanziert zunächst die ersten 100 Regierungstage. Der Satz „keine neuen Schulden“ darf auch in dieser Rede nicht fehlen. Deshalb müssten 2,5 Milliarden Euro gespart werden. „Wir haben den Beschäftigungsbonus gestrichen“, sagt Kurz, blickt ins Publikum, fährt fort: „Das hat auch für viel Kritik gesorgt. Doch wir sind der Meinung, dass wir allgemein Lohnnebenkosten senken müssen und nicht etwas Neues einführen.“
Dann zählt er auf, was bis Sommer alles kommen soll. Bestehende Regulierungen sollen abgeschafft werden – zumindest vieles, was über den EU-Standard hinaus geht. Das nennt sich „Golden Plating“. Und was genau? „Wir haben von der Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung und den Unternehmen viele Ideen gesammelt. Minister Moser ist gerade dran, dies auszuwerten, bis Sommer wollen wir einen Vorschlag bringen.“ Auch das Kumulationsprinzip bei Verwaltungsstrafen soll bis Sommer abgeschafft werden. „Zudem wollen wir die Arbeitszeitflexibilisierung angehen.“ Zwar hätten die Sozialpartner versucht, eine Einigung zu finden. „Vielleicht schaffen sie es ja noch“, sagt Kurz. „Aber wenn es keine Einigung gibt, wird es die Regierung beschließen“, fügt der Kanzler an. Und zwar noch vor dem Sommer.
Auf weitere Steuersenkungen müssen die Unternehmer noch ein wenig warten: „Im Jahr 2020 wollen wir das KöSt-Thema angehen. Außerdem wollen wir Entlastung bei Unternehmens- und Einkommenssteuern.“ Was den Fachkräftemangel betrifft, hofft Kurz auf eine Aufwertung der Lehre. Er ist überzeugt: „Vorarlberg ist in diesem Bereich ein Vorbild.“ Außerdem soll, wie bereits angekündigt, die Mängelberufsliste regionalisiert werden. „Wir sind gerade dran.“ Auch eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Card steht auf der To-Do-Liste der Regierung. „Es kann nicht sein, dass es bis zu einem halben Jahr dauert, bis eine Entscheidung getroffen wird, ob eine Fachkraft kommen darf. Das muss zügiger funktionieren“, ist Kurz überzeugt.
Kämpfer für Freihandel
Zum Abschluss hält der ÖVP-Chef und Bundeskanzler ein Plädoyer für den Freihandel. „Was zwischen EU und Russland geschieht, zwischen China und den USA, zwischen den USA und Russland, ist nichts, was in unserem Interesse liegen kann.“ Er sei der oberste Kämpfer für einen fairen Freihandel, schließlich sei Österreichs Wirtschaft sehr exportorientiert, sechs von zehn Euro würden im Ausland verdient.
Womit sich der Kanzler noch einmal dem Vorarlberger Publikum widmet, sich für dessen Leistung – Arbeitsplätze und Steuern – bedankt und auf der Bühne Platz für die Ehrung der größten Unternehmen Vorarlbergs macht. VN-mip
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