„Differenzieren uns mit Spezialitäten“

Clemens Grabher und Thomas Schwarz machen aus Kartoffeln Produkte, die überzeugen.
Frastanz Thomas Schwarz und Clemens Grabher leiten die Geschicke beim Kartoffelspezialisten 11er und erklären im Interview, wieso Spezialitäten interessanter sind als Pommes.
Pommes sind wahrscheinlich immer das Hauptprodukt eines Kartoffelspezialisten. Welche Entwicklungen forcieren Sie zusätzlich?
Grabher Angefangen hat die Produktion mit Sauerkraut, später folgten Teigprodukte. Dann haben wir uns auf Kartoffeln spezialisiert. Heute sind Pommes ein Großteil der Produktion, aber wir legen den Entwicklungsfokus klar auf Spezialitäten wie Rösti oder Kroketten.
Schwarz Wir produzieren alle Produkte parallel. Wenn wir Pommes produzieren, werden Teile daraus für die Püreeproduktion verwendet. Zu kurz geratene Pommes wandern in die Röstiproduktion. Die Pommesprodukte machen vom Anteil her die Hälfte aus. Im Pommesmarkt geht es aber vielfach rein um den Preis und deshalb ist er für uns nur bedingt von Interesse. Bei den Spezialitäten können wir uns mit dem Sortiment differenzieren und Produkte anbieten, die andere nicht oder nicht in der Qualität können. Für unser neuestes Produkt, Wienerle in einer Röstihülle, haben wir eine eigene Maschine bauen lassen. Die kann man nicht von der Stange kaufen.
Sind die Konsumenten bei Produkten anspruchsvoller geworden, auch was die Herkunft der Lebensmittel betrifft?
Grabher Die Landschaft ist definitiv viel anspruchsvoller geworden, allein durch die Standards, die man als industrieller Lebensmittelhersteller erfüllen muss. Vieles hat seine Rechtfertigung, aber man muss viel investieren, um hier am Zahn der Zeit zu sein. Der Konsument selber ist in Bezug auf das, was er isst und kauft, ebenfalls anspruchsvoller geworden. Er möchte die Produkte in der richtigen Verpackungsgröße kaufen, diese schnell zubereiten und die verarbeiteten Rohstoffe sollten möglichst vom Bauern gegenüber sein. Hier versuchen wir, möglichst viele Wünsche zu erfüllen.
Wie gehen Sie mit dem Trend zu vegetarischer Ernährung um?
Grabher Mit Kartoffelprodukten sind wir prinzipiell vegetarisch. Den Vegetarier- und Veganmarkt versuchen wir bewusster abzudecken. Bei den Veganprodukten gibt es aber teilweise extreme Bedingungen, die in der industriellen Fertigung nicht so leicht zu erfüllen sind.
Zur Nachhaltigkeit: 11er ist zu 100 Prozent klimaneutral. Mit welchem Aufwand ist das verbunden?
Grabher In erster Linie geht es zunächst darum, zu analysieren, wo das CO2 herkommt. Dann muss man identifizieren, in welchen Bereichen man vermeiden oder reduzieren kann. Man muss alles anschauen, vom Einkauf der Rohwaren und Drucksachen bis hin zu Geschäftsreisen. Und es gibt eine bestimmte Menge an CO2, die jährlich produziert wird und die man nicht vermeiden kann. Das gleichen wir mit dem Zukauf von Zertifikaten aus. Es ist also insgesamt schon ein Aufwand.
Verlangen das auch die Handelsketten, die Ihre Produkte kaufen?
schwarz Der Handel wird diesbezüglich früher oder später auf die Hersteller einwirken. Da haben wir einen Wettbewerbsvorteil, weil wir das schon das vierte Mal in Folge machen.
Grabher Es ist in dem Sinn ein Verkaufsargument, um zu zeigen, dass man etwas tut. Aber es bedeutet nicht, dass jemand irgendetwas dafür bezahlt. Man kann die Produkte deshalb nicht teurer verkaufen.
Im vergangenen Jahr haben Sie die Metzgerei Walser übernommen. Gibt es schon erste Ergebnisse zu den erhofften Synergien?
schwarz Wir verarbeiten relativ viel Fleischprodukte. Die Metzgerei Walser ist im Land und familiengeführt, darum passt das gut. Sie operiert aber nach wie vor komplett eigenständig. Momentan bereiten wir alles so vor, damit die Kapazitäten so angepasst werden, dass die Fleischprodukte, die wir benötigen, dort produziert werden können. Da geht es zum Beispiel um die IFS-Zertifizierung.
Grabher So haben wir Zugriff auf regionale Fleischprodukte in der eigenen Kontrolle. Das ist qualitätstechnisch sehr wichtig. Die Nahversorgerfunktion von Walser soll aber weiterhin erhalten bleiben.
Gibt es Pläne, weitere Exportmärkte auch in Übersee zu erschließen?
schwarz Die größten Exportmärkte derzeit sind Deutschland, Österreich und Italien. Genauso sind wir in den Benelux-Ländern, Großbritannien, Frankreich oder Dänemark. Wir haben nun einige Exportmärkte identifiziert, die wir in den kommenden Jahren bearbeiten wollen. Aber es ist nicht so, dass wir hier einfach mal einen Container voll Ware hinschicken. Jedes Land hat seine Importvoraussetzungen, die man zuerst einmal erfüllen muss. Da sind wir erst am Anfang. Generell haben wir aber Interesse, uns breiter aufzustellen und uns von der europäischen Abhängigkeit zu lösen.
11er wurde über Jahrzehnte von Familienmitgliedern geführt. Nun gibt es die Konstellation einer Zweier-Geschäftsführung mit einem Externen und einem Familienmitglied. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?
schwarz Rudi Grabher, der sich vor eineinhalb Jahren aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen hat, hat eine große Gnade: Er kann abgeben. Zudem harmonieren Clemens und ich sehr gut. Wir haben klare Aufteilungen, stimmen uns aber ständig ab. Clemens ist der Innenminister, ich der Außenminister. Es ist ein tolles Unternehmen mit tollen Mitarbeitern und einem tollen Spirit. Das motiviert uns sehr.
Grabher Ich kann das nur bestätigen. Es ist eine tolle und fruchtbare Zusammenarbeit. Es war auch toll zu sehen, wie die ganze Belegschaft mit uns mitgezogen hat, als sich mein Vater zurückgezogen hat. Das inspiriert uns.
„Wir konzentrieren uns auf Nischen. Pommes sind Handelsware, bei denen der Preis dominiert.“

Kennzahlen
Gegründet 1941
Gesellschafter Familie Grabher
Geschäftsführer Clemens Grabher, Thomas Schwarz
Mitarbeiter 312
Umsatz 2017 73 Millionen Euro (+6,5 Prozent)
Investitionen 2017 11 Mill. Euro
Export 67,2 Prozent
Verarbeitete Kartoffeln jährlich rd. 80.000 Tonnen
Privat
Clemens Grabher
Geboren 21. November 1972
Ausbildung BG Dornbirn, Mikrobiologie- und Genetik-Studium in Wien, in Heidelberg am Europäischen molekularbiologischen Laboratorium promoviert
Laufbahn Krebsforschung in Boston, Karlsruher Institut für Technologie, Geschäftsführer 11er
Familie verheiratet, 2 Kinder (1 und 3 1/2 Jahre)
Freizeit Familie („eine Fulltime-Beschäftigung“)
Thomas Schwarz
Geboren 20. Mai 1971
Ausbildung HAK Bregenz, Studium Internationale Wirtschaftwissenschaften (IWW) Innsbruck, zwei Semester in Madrid
Laufbahn ab 1999 bei Rauch Fruchtsäfte, Verkaufsleiter Österreich, internationale Koordination der Niederlassungen; seit 2014 Geschäftsführer bei 11er
Familie verheiratet, 3 Kinder (2, 5 und 11 Jahre)
Freizeit Familie, Sport (Mountainbike, Ski, Laufen und „ein bisschen Motorradfahren“)