Aufbruchsstimmung

Serbien lockt Unternehmen mit niedrigen Lohnkosten und gut ausgebildeten Technikern, Griechenland hat eine Investitionslücke von 200 Milliarden Euro.
Dornbirn Die niedrigen Lohnnebenkosten sind ein großer Pluspunkt für Unternehmen in Serbien. Darum bezeichnet man das Land auch als das „China vor der Haustüre“. Und deshalb, so die Wirtschaftsdelegierte Erika Teoman-Brenner, gebe es Firmen, die ihre Produktion von China nach Serbien verlegen. Während das Land also für Produktionsbetriebe, die exportieren, verlockend sei, sei der serbische Markt als Kunde aufgrund der niedrigen Kaufkraft eher problematisch. „Ein zweischneidiges Schwert“, sagt Teoman-Brenner, die am Freitag gemeinsam mit zehn Kollegen aus Ländern Südost- und Zentraleuropas bei einem Sprechtag der Wirtschaftskammer über Exportchancen für heimische Unternehmen informierte. Insgesamt stehe Serbien derzeit da, wo Ungarn vor rund 20 Jahren stand.
Die Wirtschaft wächst, im vergangenen Jahr um 1,9 Prozent, heuer sollen es drei Prozent werden. Aber, so Teoman-Brenner, das Wachstum sei noch viel zu wenig, wenn man bedenkt, was Serbien aufholen müsse, und es sei dabei vor allem den Investoren aus dem Ausland geschuldet. Dabei ist Österreich aktuell der größte Investor in Serbien. Die ersten Unternehmen, die kamen, waren die großen österreichischen Banken und Versicherungen. Dazu gibt es kleinere und mittelgroße Produktionsbetriebe. Aus Vorarlberg verlagert derzeit der Leuchtenhersteller Zumtobel die Produktion der Komponententochter Tridonic dorthin.
Viele Techniker
Vor allem mit der Qualität der Mitarbeiter seien jene Betriebe, die in Serbien bereits einen Standort haben, sehr zufrieden. Dabei gebe es gut ausgebildete Techniker, auch im Bereich IT. „Der Staat fördert diesen Sektor und es gibt sehr gute Universitäten, beispielweise in Niš. Ausländische Unternehmen bauen deshalb in Serbien gezielt Entwicklungscenter auf“, erklärt die Handelsdelegierte. Aber es herrsche bereits ein starker Wettbewerb um die Kräfte. Zudem gebe es auch Hindernisse wie Bürokratie, Intransparenz oder die langen Gerichtsverfahren. Bei zügigen Reformen hat die EU Serbien allerdings eine Aufnahme bis 2025 in Aussicht gestellt. „Die Regierung ist zu 100 Prozent auf EU-Kurs. Das ist für die Wirtschaft die Garantie, dass es in die richtige Richtung geht“, sagt Teoman-Brenner.
Auf Wachstumskurs
Gerd Dückelmann-Dublany ist der Handelsdelegierte in Athen. Hinter dem Land liegen schwierige Jahre. Erstmals seit der Finanzkrise ist die griechische Wirtschaft aber wieder auf Wachstumskurs. Letztes Jahr betrug das Wachstum 1,4 Prozent, heuer sollen es 2,5 Prozent werden. Das ist ein Anfang, sagt Dückelmann-Dublany im VN-Gespräch. Es zeige, wie widerstandsfähig die Wirtschaft sei. Zudem habe Griechenland fiskalpolitisch den Turnaround geschafft. Erhöht wurden vor allem die Steuern, allein die Körperschaftssteuer beträgt 29 Prozent. Zudem gebe es für Unternehmen die Verpflichtung, in jedem Jahr auch die Steuern für das nächste Jahr zu zahlen. Generell ist Griechenland auch wenig unternehmerfreundlich. „Es gibt aus historischen Gründen eine Abneigung gegen das Unternehmertum. Das Bild des Unternehmens ist nicht gut besetzt“, erklärt der Handelsdelegierte. Langsam finde allerdings ein Umdenken statt. Schließlich stehe man im internationalen Wettbewerb.
Einen Boom erlebt in Griechenland der Tourismus. Er ist für 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich. „Das Land ist sehr groß und touristisch teilweise unterentwickelt, die Bürokratie hat sich deutlich verbessert. Es gibt viel zu tun, vor allem im höheren Segment“, so Dückelmann-Dublany über die Chancen für heimische Firmen, die sich mit Hotelausstattung oder Projektplanung beschäftigen. Zudem verfüge auch Griechenland über viele IT-Techniker.
Insgesamt habe die Verunsicherung durch die politische Situation aber dazu geführt, dass es im Land eine Investitionslücke von 200 Milliarden Euro gebe. Dückelmann-Dublany hat deshalb die große Hoffnung, dass nun Bewegung in die Sache kommt. „Es bieten sich sehr gute Chancen für Unternehmer und Investoren. Ich bin optimistisch.“ Er beobachtet ein gestiegenes Interesse österreichischer Firmen am griechischen Markt. Das sei gut, denn weil viele internationale Firmen Griechenland in schwierigen Zeiten verlassen haben, sei der Kuchen groß.
Alu statt Olivenöl
Das Nummer-Eins-Importprodukt nach Österreich ist übrigens nicht Olivenöl, sondern Aluminium. Mit der Landwirtschaft sei es indes so eine Sache. Sie sei lange vernachlässigt worden. „Die Griechen wollten immer Markenprodukte. Sie haben sogar Tomaten importiert. Griechenland kann sich als Land nicht selbst ernähren.“ Die Banken haben eine riesige Summe an faulen Krediten. Diese machen 46 Prozent oder 108 Milliarden Euro aus. Deshalb beginnt nun die Versteigerung von 15.000 Assets – von der Yacht bis zum Ferienhaus.
Was Serben und Griechen eint: Sie mögen Österreich. „Österreicher sind in Serbien sehr beliebt“, sagt Teoman-Brenner. Genauso in Griechenland. Warum? „Weil die Österreicher ihre Vertriebspartner in der Krise nicht hängen ließen.“
