„Heuer soll der Hunderter fallen“

Stephan Ratt über Umsatzziele und was im Verpackungsmarkt besonders gefragt ist.
Wolfurt Stephan Ratt führt gemeinsam mit seinem Bruder Matthias mit Rattpack ein international führendes Unternehmen im Verpackungsdruck mit 460 Mitarbeitern. Im Interview spricht er über die große Erweiterung in Wolfurt, Expansionsstrategien und warum Verpackung so wichtig ist.
Als Sie 2003 das Ruder übernahmen, war die Entscheidung, klein, aber fein zu bleiben oder zu wachsen. Warum wurde es der zweite Weg?
Ratt Wir hatten zu dem Zeitpunkt eine Anfrage von einem großen Kunden. Seine Antwort war dann, es wäre hochinteressant, aber mit einem Standort und in der Größe sind wir nicht ausreichend abgesichert, wenn etwas passieren sollte. Da brauchen wir einen größeren Partner. Wir haben uns dann entschieden, wir wollen die Großen in Europa auch bedienen, und somit war klar: Wir müssen größer werden. Aber beim Größerwerden war uns wichtig, nicht einen Standort zu haben, der wächst, sondern mehrere Standorte, die jeweils einen Schwerpunkt haben.
Rattpack ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Ohne Zukäufe wäre das in der Form aber nicht möglich gewesen?
Ratt Nicht in der Geschwindigkeit. Die Branche wächst glücklicherweise in Europa um zwei Prozent pro Jahr. Wir wachsen zwischen drei und fünf Prozent. Rein aus natürlichem Wachstum wäre das also nicht gegangen.
Das Werk in Wolfurt soll heuer um dreizehn Millionen Euro erweitert werden. Was passiert konkret an Investitionen?
Ratt Das bestehende Gebäude wird verdoppelt. Gegenüber entsteht eine Versandhalle. Beides ist durch einen Tunnel verbunden. Die Situation ist, wir haben Vollauslastung in Wolfurt. Das ist natürlich eine schöne Situation, aber dadurch stehen wir an und können auch nichts mehr verkaufen. Es ist die größte Investition der Firmengeschichte an einem Standort, und dadurch können wir den Umsatz am Standort von 35 auf 50 Millionen Euro hinauffahren.
Erfolgt dann auch die Umbenennung von Pawag in Rattpack?
Ratt Wenn wir eine Firma übernehmen, belassen wir zunächst den Markennamen. Im Normalfall wird sie drei bis fünf Jahre später zu Rattpack. So auch bei Pawag. So können sich die Kunden daran gewöhnen.
Bei einer Firmenübernahme treffen zwei Kulturen aufeinander. Wie handhaben Sie das?
Ratt Pawag ist sogar noch älter als unser Haus. Da ist natürlich eine gelebte Firmenkultur vorhanden. Seit wir vor vier Jahren eingestiegen sind, haben wir in der Leitung nicht einen Mitarbeiter verloren. Da haben die Firmenkulturen also gut zusammengepasst. In Wien war das schwieriger. Aber als Mittelständler und Familienbetrieb schicken wir nicht eine Belegschaft hin, die dort aufräumt. Wir schauen uns das zwei bis drei Jahre lang an. Wenn es dann Prozesse gibt, die nicht passen, wird reagiert.
Sie sind hauptsächlich in der DACH-Region, aber auch in Australien oder Amerika tätig. Womit punkten Sie auf den Kontinenten?
Ratt Mit Papier und Karton sind wir klar in der DACH-Region. Wir liefern bis zu 2000 Kilometer weit. Bei Wellpappe sind es nur 400 Kilometer. Der Vorteil von flexiblen Verpackungen sind die Rollen. Da ist also extrem viel Ware auf einer Palette drauf. Und wir entwickeln eigene Marken. Folienverbunde, die es nur bei uns zu kaufen gibt. Ein Beispiel ist die Fünffachverbundfolie für Hundewurst. Wenn irgendwo auf der Welt eine Maschine aufgestellt wird, auf der diese Hundewurst produziert wird, kommen wir auch bis nach Australien. So können wir hochwertige Produkte weltweit liefern. Im Gegensatz zur 08/15-Chipspackung sind für uns Verpackungen spannend, die einen Anspruch haben wie Fettbarrieren oder Luftdichtheit.
Ist die flexible Verpackung auch der größte Wachstumsmarkt?
Ratt Wir machen mit fast 70 Millionen Euro den Hauptumsatz mit Kartonagen. Hier sind wir bei einer Größe angelangt, wo wir die gleichen Einkaufskonditionen bekommen wie die ganz Großen der Welt. Da sind wir also nicht unbedingt gezwungen, weiterwachsen zu müssen. Der flexible Bereich wächst stärker. Hier ist der Konkurrenzkampf auch geringer und der Markt will noch mehr.
In Vorarlberg gibt es viele Unternehmen in der Verpackungsbranche. Wie beurteilen Sie die Konkurrenzsituation?
Ratt Natürlich gibt es konkurrenzierende Unternehmen und teilweise auch Überschneidungen, aber letztlich hat jeder seinen Schwerpunkt. Somit glaube ich, dass wir uns eher beflügeln, als dass wir uns in die Quere kommen. Das sieht man auch an der Vpack, in der sich 21 Verpackungsbetriebe zusammengeschlossen haben. Da konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die Lehrlingsausbildung, aber man sieht auch, wir können gut miteinander reden. Darum beneiden uns andere Bundesländer.
Verpackung steht in einem Spannungsfeld: Sie wird kritisiert, aber ohne sie würden viel mehr Lebensmittel weggeworfen.
Ratt Man muss schon unterscheiden: zwischen Plastikmüll, der die Meere verunreinigt, und flexibler Verpackung, die direkt mit dem Produkt verbunden ist. Damit können wir das Produkt haltbar machen. Somit ist sie definitiv nicht wegzudenken. Insgesamt drängen Markenartikler und Handel hier verstärkt darauf, verrottbare Materialien zu entwickeln. Das haben wir in der Schublade, nur will es der Markt noch nicht zahlen. Bei Karton recyceln wir zu 98 Prozent.
Welche Ziele stehen heuer an?
Ratt Der Wirtschaftsmotor läuft. Heuer soll der Hunderter fallen. Das erste Quartal schaut hervorragend aus. Wenn nichts passiert, sollte es also ein gutes Jahr abgeben.
„Viele Betriebe bis 120 Mitarbeiter haben Zukunftsängste und suchen Gruppenzugehörigkeit.“

Kennzahlen
Gegründet 1953 von Hugo Ratt
Gesellschafter und Geschäftsführer Stephan und Matthias Ratt
Umsatz 2017 92 Millionen Euro
(+4,5 Prozent)
Mitarbeiter 460, davon 269 in Vorarlberg, 19 Lehrlinge
Investitionen 5 Mill. Euro 2017,
13 Mill. Euro 2018
Produkte flexible Verpackungen, Kartonagen, Druck
Privat
Stephan Ratt
Geboren 21. November 1972
Ausbildung Handelsschule, Offsetdruck-Lehre, drei Jahre Praktika in USA und Finnland, Meisterschule in Salzburg, Kurse bei allen Maschinenherstellern
Laufbahn Produktionsleiter, ab 2003 Geschäftsführung Rattpack
Familie verheiratet, zwei Kinder
In seiner Jugend zählte Stephan Ratt zur Elite im Vorarlberger Tennissport und bis vor zwei Jahren spielte er auch in der Meisterschaft, heute geht er es ruhiger an, sagt er. „Jetzt ist mir der Breitensport wichtig, wir spielen Tennis, ein bisschen Golf, Skifahren und Bötla: Es ist mir wichtig, dass ich Abwechslung habe und das Sachen sind, die ich mit der Familie zusammen machen kann.“ Die Mittagspause nutzt er oft zum Fitnesstraining, Ausgleich sei ihm wichtig beim täglichen Stress. Auf das Zusammensein mit Freunden, auf gute Gespräche bei einem Glas Wein legen er und seine Frau großen Wert. Die Kinder betreiben inzwischen selbst Leistungssport, erzählt Ratt, der hofft, dass er sie auch für das Unternehmen begeistern kann.