Integra-Chef Stefan Koch: “Das Gefühl gebraucht zu werden”

Markt / 27.03.2019 • 15:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Integra-Chef Stefan Koch: "Das Gefühl gebraucht zu werden"
Integra-Team: Stefan Koch (GF), Stefanie Kremmel (Projektleiterin), Simon Ölz (Bereichsleiter), Maren Grimke (Arbeitsanleiterin) und Robert Baljak (GF).

Integra verbindet Mensch und Arbeit. Ökologie spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Lustenau “Wir organisieren Arbeit und Bildung als Sprungbrett für benachteiligte Menschen. Es gibt wenige Ereignisse, die das Selbstwertgefühl von Menschen so stark beeinflussen wie der Verlust der Arbeitsstelle“, weiß Stefan Koch. “Arbeitsprojekte ermöglichen den Betroffenen einen Wiedereinstieg in das Arbeitsleben, die Chance, neue Erfahrungen zu machen und, zumindest für eine gewisse Zeit, wieder einen strukturierten Alltag zu haben. Die Tätigkeitsfelder sollen in Nischen und entlang von Zukunftstrends stattfinden. Dabei spielt die Ökologie eine wesentliche Rolle: Fahrraddienstleitungen zur Förderung der sanften Mobilität, Nahversorgung zur Vermeidung von Verkehr und Stau, Regionalität für kurze Transportwege und Wertschöpfung in der Region, Re-use und Wiederaufbereitung für die Kreislaufwirtschaft oder auch Akzente in der Elektromobilität und Photovoltaik.”

Kooperation statt Konkurrenz

“In den angesprochenen Nischen, in denen wir tätig sind, gibt es meist keine Konkurrenz. Die Herausforderung besteht dort eher darin, Produkte zu entwickeln, die betriebswirtschaftlich funktionieren und tragfähig sind. Auch wir müssen kalkulieren, genauso wie ein Unternehmen. Die Förderungen, die wir erhalten, sind als Ausgleich für die Leistungsminderung, die Bildungsmaßnahmen und die Betreuung der Mitarbeiter vorgesehen. Wir bereiten unsere Teilnehmer auf den Arbeitsmarkt vor und fördern das Lernen durch das Tun. Deshalb sind der Praxisbezug und eine bestimmte Marktnähe wichtig“, erläutert Koch. “Die Nachfrage nach den Produkten gibt den Mitarbeitern das Gefühl, gebraucht zu werden. Das motiviert und macht stolz, eine Leistung vollbracht zu haben. Dabei sind wir stets Partner der Wirtschaft. Über 90% unserer Kunden sind Betriebe und wir bereiten die Mitarbeiter auf die Arbeitsplätze in der Wirtschaft vor.

Natur pur vom Gutshof 

“Auf dem Gutshof Heidensand produzieren wir auf einem Hektar Gemüse auf biologischer Basis. In unserer kleinen Lebensmittelmanufaktur werden auch Produkte veredelt. Derzeit arbeiten langzeitarbeitsuchende Menschen mit“, ist Stefan Koch stolz. “Die Beschäftigung im Takt der Natur erdet und entschleunigt. Hinzu kommt nach eine Portion Gesundheitsförderung. Die körperliche Arbeit an der frischen Luft ist sehr anstrengend, aber fördert auch die Fitness. Schlafprobleme gehören der Vergangenheit an. Auch viele Jugendliche sind immer wieder im Einsatz. Dabei spielt die Naturpädagogik eine bedeutende Rolle, weil die jungen Menschen sich zusehends von der Natur entfernen. Die Entfremdung des Menschen von der Natur ist zunehmend spürbar. Wir erkennen den Menschen als Teil der Natur. Die Umwelt ist nicht nur eine Kulisse, sondern wir leben symbiotisch in ihr und sollten uns nicht immer auf Komfort und Technik verlassen.“ Das Team erntet viel positives Feedback: “Viele bestätigen uns, dass unser Weg richtig ist. Aber leider ist der Preis immer noch das ausschlagende Argument für die Einkaufsentscheidung. Unsere beschränkten Budgets lassen außerdem leider keine umfangreichen Marketingmaßnahmen zu.“ Ein Blick in die Zukunft: “Leider regiert derzeit der Sparstift. Die Einsparungspläne des Bundes im AMS Bereich treffen uns sehr hart. Viele dieser Nischenprojekte stehen jetzt auf dem Prüfstand. Das ist insofern sehr bedauerlich, weil wir in den Einsparungen keinen Vorteil für die öffentliche Hand erkennen. Die Menschen, die wir beschäftigen, kommen am Arbeitsmarkt meist nicht unter. Wenn man die Kosten der Arbeitslosigkeit mit der Förderung, abzüglich der Steuern und Abgaben, die wir entrichten, gegenrechnet, bleibt ein volkswirtschaftlicher Gewinn. Der Staat sollte in Arbeit investieren, statt die Arbeitslosigkeit zu verwalten und die Investition in diese ökologischen Zukunftsprojekte vorantreiben.“ VD

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