Interactive West: Ein digitaler Gruß an das Neue und ein Einhorn mittendrin

Markt / 18.06.2019 • 21:15 Uhr / 9 Minuten Lesezeit
Interactive West: Ein digitaler Gruß an das Neue  und ein Einhorn mittendrin
Schauplatz war das Messequartier in Dornbirn. VN/SAMS

Die Digitalkonferenz lud 1000 Teilnehmer auf eine spannende Reise.

Dornbirn Vor fünf Jahren begann alles mit 100 Teilnehmern im Dornbirner Spielboden. Heute sind es 1000 Menschen, die dem Ruf der Interactive West, der größten Digitalkonferenz im Bodenseeraum, folgen. „Wir wollen das Neue grüßen“, gab Gerold Riedmann, Moderator und Co-Founder der Interactive West, das Motto der Veranstaltung aus.

Neue Verkaufskanäle über Amazon oder Instagram gehören hier genauso dazu wie die Veränderungen in der Arbeitswelt. „Amazon hat 100 Millionen prime-Nutzer und allein im deutschsprachigen Raum 230 Millionen Artikel im Sortiment“, sagt Jan Bechler (Finc3 Marketing Group) über den größten E-Commerce-Kanal der Welt. Angst, als Unternehmen die Plattform für seine Produkte zu nutzen, müsse man nicht haben, allerdings brauche man eine professionelle Strategie, ist der Experte überzeugt.

Auch Instagram sei für Betriebe und ihre Markenkommunikation von Nutzen. Warum? „Viele nutzen Instagram, um sich inspirieren zu lassen“, sagt Nadine Neubauer (Facebook). Somit könne man sich potenziellen Kunden über deren Interessen nähern. Das Potenzial? Schier unendlich. Schließlich nutzt eine Milliarde Menschen auf der Welt diese Plattform.

Michael Trautmann, Ex-Werbechef von Audi und nun selbstständig erfolgreich, weiß nur zu gut, wie man Unternehmen zu mehr Aufmerksamkeit verhilft. Genauso widmet er sich dem Thema „Neues Arbeiten“. Das beinhalte aber mehr, als einen Tischkicker und lustige Sitzmöbel aufzustellen, bringt er es auf den Punkt und hält gleichzeitig ein Plädoyer für mehr Konzentration. In einer Welt voller Ablenkungen müsse man das erst wieder lernen. Ständig online zu sein, mache uns insgesamt langsamer, so ist Trautmann überzeugt. Genauso wie davon, dass Kollaboration die neue Superpower in der Arbeitswelt ist. „Egal ob Mensch mit Mensch oder Mensch mit Roboter.” Es geht um die Zusammenarbeit und darum, sich immer zu fragen, wieso man etwas tut, ergänzt Stephen Croome von Speedinvest. „Why?“ Dadurch könne man gewährleisten, dass man sein eigentliches Ziel nicht aus den Augen verliert.

Vorarlbergs Start-up-Welt

Amazon als Verkaufsplattform war der Krumbacherin Clarissa Stadler für ihre Produkte zu teuer. Dafür setzt sie auf Influencer-Marketing und den eigenen Onlineshop, in dem sie ihre bestickten Kork-Teppiche auf Maß verkauft. Die Herausforderung auf dem Weg in die Selbstständigkeit war aber nicht nur die Lieferantensuche: „Sondern auch zu 100 Prozent Mama und zu 100 Prozent Start-up zu sein.“

Vorarlberger Start-up-Runde.
Vorarlberger Start-up-Runde.

Bei Peter Krimmer war es ein persönlicher Grund, sich selbstständig zu machen. Er hatte als Sicherheitschef von Magna eigentlich einen Topjob, dafür aber Rückenschmerzen. Darum entwickelte er die intelligente Schuhsohle „stapp one“. „Man muss das Risiko abwägen, aber man muss auch einfach mal etwas wagen.“
Die persönliche Motivation hatte auch Katerina Sedlackova, die aus der eigenen Familie weiß, wie schwer es ist, als sehbehinderter Mensch sportlich aktiv zu sein. Ihre Lösung: Waibro, ein Navigationsgurt, der es ermöglicht, dennoch selbstständig Sport auszuüben.

Daniel Thorvaldsen wiederum will das Leben von Patienten verbessern. Wie? Mit seiner Firma 1nfusion, die eine sichere Infusionspumpe mit eingebauter Sensorik entwickelt hat. Dass er in Vorarlberg angesiedelt ist, sieht er dabei als Vorteil. „Alle Zulieferer sind vor Ort.“ Das schätzt auch David Schmidmayr, der mit seiner Firma Sanlight in Bludenz sitzt. Sein Fokus liegt auf der LED-Pflanzenbelichtung, um Pflanzen auch ohne Tageslicht wachsen zu lassen. „Mehretagensysteme, Architektur, medizinischer Cannabisanbau oder Algenproduktion sind nur ein paar Beispiele der Anwendung.“ Einzig die Möglichkeiten zur Risikofinanzierung würden in Vorarlberg fehlen, sind sich die Gründer einig.

„Wir sind noch kein digitales Vorzeigeland“, sagt Wirtschaftskammerpräsident Hans Peter Metzler. „Aber wir sind auf dem Weg.“ Landeshauptmann Markus Wallner sieht großes Potenzial in einem Campus Vorarlberg, der sich am Standort der Fachhochschule in Dornbirn ansiedeln und das digitale Vorarlberg abbilden soll. Dieser biete die Möglichkeit, auch international zu strahlen.

Moderator Gerold Riedmann.
Moderator Gerold Riedmann.

Apropos: Das Gegenteil von Strahlen ist wohl das Scheitern. Die Schweizerin Priska Burkard hängte ihren gut dotierten Bankenjob an den Nagel und gründete mit der Skills Finder AG eine Plattform für Unternehmen, um Ressourcen für Projekte zu finden. Die Zusammenarbeit mit dem Provider-Dienstleister entwickelte sich aber zum Reinfall. „Die Qualität stimmte irgendwann nicht mehr, aber ich habe immer daran geglaubt, wir schaffen das.“ Irgendwann musste sie aber einsehen, dass es besser ist, die Zusammenarbeit zu beenden. „Das Schlimmste war nicht, dass das Geld weg war, sondern mir einzugestehen, dass ich gescheitert bin. Das Gute daran ist aber, heute bin ich reich an Erfahrung.“

Andreas Kitzing wollte mit Collegefriends eine Kopie von StudiVZ schaffen. Geklappt hat das nicht. Denn einen Investor wollten sie nicht im Boot und das Studium abzubrechen war keine Option. „Am Ende haben wir Collegefriends auf Ebay für ein paar Hundert Euro verkauft“, sagt Kitzing, der heute mit Sponsoo einen Marktplatz für Sportsponsoring betreibt.

Unicorn und Rockstar

Philipp Westermeyer, Gründer und CEO von Online Marketing Rockstars, nutzte die Interactive West gleich dazu, live einen Podcast aufzuzeichnen. Sein Gast war dabei Valentin Stalf, Co-Gründer der mobilen Bank N26. Die Ursprungsidee war eigentlich ein digitales Zahlungsmittel für Kinder. „Bis wir gemerkt haben, dass es mehr die Eltern nutzen“, so Stalf, der mit N26 heute 3,5 Millionen Kunden in 28 Ländern hat. Der Unterschied zu Bekanntem: „Wir haben das beste Erlebnis am Smatphone. Eine Kontoeröffnung dauert fünf Minuten. Alles wird in Echtzeit in der App kontrolliert. Und wir haben keine Filialen. Die Kostenvorteile können wir daher an unsere Kunden weitergeben.“ Seine Vision: Zu einer der größten Banken weltweit zu gehören und das Unternehmen auf längere Sicht fit für die Börse zu machen. Der nächste Schritt, der folgt? Bald wird N26 in den USA und Brasilien verfügbar sein.

Fokus auf erneuerbarer Energie

Walter Kreisel glaubt ebenfalls an innovative Technologie. In seinem Fall ist es die Elektrifizierung. Denn die Auswirkung der Umweltverschmutzung sind schon lange bekannt und die fossile Energie ist nicht unendlich. Im Gegensatz zu erneuerbarer Energie. Darauf hat sich sein Unternehmen speziali-siert. „Energiewende ist für uns aber kein Windrad, sondern Software.“ Konkret hat Kreisel eine Technologie entwickelt, die Maschinen, Nutzer und Standorte zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzt. Auch würden Energiespeicher genauso zur Normalität, wie Daten in einer Cloud zu speichern.

Zu unserem Alltag werden auch Drohnen werden, so ist sich Herbert Weirather (Drone Champions League) sicher. 2020 würde die bereits 50-millionste Drohne verkauft. In seinem Unternehmen verknüpft er den Traum vom Fliegen mit E-Sports und Events. Eines seiner Highlights: „Das Drohnen-Rennen auf den abgesperrten Champs-Élysées in Paris vor 80.000 Zuschauern.“ Die Rennen werden in über 100 Ländern der Welt ausgestrahlt. Da Events aber schwer skalierbar seien, gibt es parallel dazu ein Computerspiel. Damit können sich Piloten für Rennen in der realen Welt qualifizieren. Großes Potenzial für Drohnen sieht er in der Logistik. In ein paar Jahren werde jeder Haushalt eine Logistik-Drohne zu Hause haben, die Pakete abholt. Wichtig dabei sei, ob sie leise und sicher genug sind.

Wieso Furcht gut ist?

Apropos sicher: „scary is good“, sagt Aya Jaff, Deutschlands bekannteste Programmiererin. Die 23-Jährige hat vieles ausprobiert. „Was willst du einmal werden?“, fragten sie die Eltern. Sie hat sich für nicht die eine Karriere entschieden. „Das beeinhaltet lebenslanges Lernen.“ Dabei helfe der Glaube an sich selbst, dass man alles erlernen könne. Gelernt habe sie auch, wie wichtig es ist, Erfolg und Probleme mit anderen zu teilen. Und noch ein Tipp: Es helfe ungemein, mit Optimismus an Themen heranzugehen.

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