Weltspartag – kein Grund zum Feiern

Das Sparbuch hat an Attraktivität verloren. Zögern bei anderen Anlageformen.
Schwarzach Seit 96 Jahren bringen große und kleine Bankkunden ihr Sparkässele am 31. Oktober in ihre Filiale. Der Weltspartag, der übrigens von den Sparkassen eingeführt wurde, ist für immer noch 1,1 Millionen Österreicher und rund 50.000 Vorarlberger ein guter Grund, ihre Filiale zu besuchen. „Tradition“ (69 Prozent) ist der Beweggrund Nummer eins, gefolgt von einem „Ausflug mit Kindern und Enkeln“ (55 Prozent) und dem „Weltspartagsgeschenk“ (39 Prozent). Die kleinen Geschenke als Sparanreiz für Kinder wollen die Marketing-Abteilungen der Geld-Institute also aus gutem Grund nicht missen. Im echten Leben sehen die Banker ihre Kunden nicht mehr so oft. Neue Services erlauben Bankgeschäfte mit Computer und Handy. Aber das ist nicht der einzige Grund: Die Null- und Niedrigzinspolitik macht das Sparen nämlich nicht einfacher.
Tag der Reflexion
„In Österreich gibt es am Weltspartag nix zu feiern“, sagt denn auch Lukas Sustala, der in diesem Zusammenhang auch das böse Wort „Armsparen“ verwendet. Es sei aber durchaus ein Tag, den man bewusst begehen kann, nämlich indem man den Tag für die Reflexion des eigenen Spar- bzw. Finanzverhaltens nutze. Er weist auch darauf hin, dass die momentane Zinssituation „in 5000 Jahren Zinsgeschichten absolut hervorsticht“. Für den Sprecher der Vorarlberger Banken und seine Kollegen hat der Weltspartag aber auch deshalb weiterhin Bedeutung, weil er eine Haltung vermittle und für Kinder einen erzieherischen Charakter habe. Und das Ansparen ist, so sieht es der ehemalige Nationalbank-Gouverneur Ewald Novotny, auch volkswirtschaftlich notwendig.
Sustala, stellvertretender Direktor und Projektleiter im Fachbereich „Steuern, Budget und Finanzmärkte“ bei Agenda Austria hat die Auswirkungen der EZB-Zinspolitik und die finanzpolitischen Maßnahmen in Österreich analysiert und dazu gleich einige Handlungsempfehlungen zusammengefasst, wie Sparen auch in Zukunft Sinn haben könnte. Nämlich mit alternativen Anlageformen und längerfristig mit einer guten Finanzbildung an den Schulen. Eine Forderung, die auch von den Banken schon lange erhoben wird und auf die auch die österreichischen Schuldenberater anlässlich des Weltspartages pochen.
Denn obwohl sich die Vorarlberger ärgern über zu niedrige Zinsen und Rendite, setzen sie weiter auf Sparbuch (77 Prozent), Bausparer (60 Prozent) und Sparen am Girokonto (46 Prozent). Obwohl sie von Aktien und Fonds wissen, trauen sie der Sache nicht wirklich. Nur der Anlage in Betongold, also Immobilien, vertrauen sie fast so sehr wie Sparbuch und Co. Diese Haltung kostet Geld. Viel Geld.Aktien statt Sparbuch
Aktien statt Sparbuch
Aufgrund der geringen Einlagen-Zinsen und der in manchen Jahren hohen Inflation verlieren die Österreicher seit 2015 (nach Abzug der Inflation) 14,7 Milliarden Euro an Kaufkraft. Laut Österreichischer Nationalbank liegen bei den heimischen Banken über 260 Milliarden Euro auf gering verzinsten Produkten. „Hätten die Österreicher in den letzten fünf Jahren nur zehn Prozent davon nicht aufs Sparbuch sondern in Aktien veranlagt, hätten sie sieben Milliarden Euro an zusätzlichen Erträgen erwirtschaften können“, rechnet Werner Böhler, Sprecher der Vorarlberger Sparkassen vor.
„Der Staat könnte die Bürger steuerlich entlasten und Akzente in der Vorsorge setzen.“
Lukas Sustala, Agenda Austria
Agenda Austria-Direktor Sustala schlägt eine ganze Reihe von Maßnahmen vor, die Sparen und Anlegen attraktiver machen. Ein erster Schritt wäre es, Sparbuchzinsen nicht weiter mit einem im Vergleich zu Wertpapieren begünstigten Steuersatz zu belegen und damit das Armsparen nicht mehr zu fördern. Angesichts der offensichtlichen Herausforderungen für die Finanzierung der öffentlichen Altersvorsorge brauche es außerdem günstige und steuerlich attraktive Vehikel für die private Vorsorge. z. B. ein endbesteuertes Depot bzw. Konto für die eigene Altersvorsorge. Außerdem erspare sich der österreichische Staat Jahr für Jahr Milliarden durch die Niedrigzinsen. „Diese Spielräume sollten genutzt werden, um die Bürger steuerlich zu entlasten.“ Und natürlich das Schulfach Finanzbildung, das für mehr Wissen sorgen würde.