„One Family“ und Sauhaufen

Mitarbeiter des Pleiteunternehmens Rentschler Fill Solutions stellen Fragen.
Rankweil, Laupheim Wer über die Vorgänge bei der Firma Rentschler Fill Solutions rede, habe mit schweren Konsequenzen zu rechnen, warnte der Anwalt des Unternehmens bei der Betriebsversammlung die 40 Mitarbeiter eindringlich. Nachdem die Versammlung damit endete, dass der Betrieb sofort eingestellt wurde, gibt es dennoch einige, die versuchen, aus ihrer Sicht etwas Licht in die Vorgänge bei dem Biopharm-Abfüller zu bringen.
Probleme vorgeschoben?
Der Konkurseröffnungsantrag wurde am 2. Dezember von der Schuldnerin, in diesem Fall der erst kurz zuvor gegründeten Rentschler-Nachfolgefirma Impletio Werkstoffabfüllung GmbH, gestellt. Die Geschäftsführung in Laupheim, die bereits vor der Konkurseröffnung das Rankweiler Kind weggelegt hat („Wir haben mit der Firma nicht zu tun und unterhalten auch keine Geschäftsbeziehungen“, lautete die Auskunft am Tag der Stilllegung), spricht von Qualitätsproblemen als Grund für den Konkurs, doch das stellen die Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen, im Gespräch mit den VN in Abrede: „Das ist nur vorgeschoben.“
Das ist schon deshalb glaubwürdig, weil Rentschler selbst im August über die unbefristete Zulassung als Abfüller durch die Prüfungsagentur AGES berichtet hat. Diese Zulassung bekommt man erst nach strengster Prüfung. AGES sei zur Prüfung drei Tage vor Ort gewesen, die zuständigen Mitarbeiter in Rankweil blieben dabei außen vor. „Da waren nur Leute aus Laupheim dabei, da wollte man uns nicht.“ Außerdem seien alle Chargen, die auch freigegeben wurden, in Ordnung gewesen. 21 Chargen wurden seit Anlaufen der Abfüllung produziert, jeweils mit einem Auftragswert von 150.000 Euro. Jene, die für Laupheim produziert wurden, seien samt und sonders abgeholt worden, berichten die Mitarbeiter: „Was machen die damit, wenn die Qualität nicht stimmt?“, stellt einer der Spezialisten in den Raum.
Umgang eigenwillig
Der Umgang im Haus war von Anfang an eigenwillig, erzählen die Ex-Mitarbeiter, die den Vergleich mit der Branche durchaus kennen, weil sie dort bereits tätig waren. In wichtigen Fragen wurden die bei Rentschler Fill Solutions dafür Verantwortlichen entweder nicht informiert oder es wurde über lange Zeiträume überhaupt nicht mit ihnen kommuniziert. Die Firma, die unter dem Motto „One Family“ ein Mitarbeiterprogramm durchführt, lädt noch kurz vor der Stilllegung die Rankweiler Belegschaft zum Kennenlernen nach Laupheim ein. Ein anderes Mal wird die versammelte Mannschaft als „Sauhaufen“ beschimpft. Mitarbeiter werden fristlos gekündigt und müssen ihren Arbeitsplatz unter Aufsicht und binnen Minuten verlassen. Und wer montiert schon unmittelbar nach der Betriebsversammlung alle Schilder und Hinweise auf die Firma ab?
Prüfenswert hält ein prominenter Vorarlberger Wirtschaftsanwalt die Umstände der Umfirmierung, auch dass ein 81-Jähriger in der neuen Firma als Geschäftsführer installiert wurde, sei hinterfragenswert. Die Mitarbeiter selbst haben ebenfalls Fragen – etwa warum die Geschäftsführung am Samstag, 23. November, im sonst leeren Haus Unterlagen sortiert und kopiert hat. Oder warum es bereits vor Anmeldung des Konkurses einen E-Mail-Verkehr zwischen dem Firmenanwalt und der Massewalterin gegeben habe. Und was passiert mit dem für Rentschler Fill Solutions maßgeschneiderten Firmengebäude mit seinem Reinraum? Der Konkursfall Rentschler/Impletio wird nicht nur die Mitarbeiter noch länger beschäftigen, auch die 44 Gläubiger werden die Details akribisch verfolgen.
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