„Wir haben inzwischen eine starke Nachfrage“

Nachhaltigkeit und Ethik rücken in den wirtschaflichen Fokus.
Bregenz, Mäder Christian Felber ist derzeit ein gefragter Mann. Inzwischen ist die Nachfrage nach der Gemeinwohlwirtschaft, deren Initatior er ist, stark gestiegen. „Wir haben einen starken Flow“, bestätigt Felber, der am Dienstag sein Buch „This is not Economy – Aufruf zur Revolution der Wirtschaftswissenschaft“ vorstellte, und heute, Mittwoch, im Rahmen der Veranstaltung „Forum Ethik & Wirtschaft“ in Mäder Zertifikate an gemeinwohlbilanzierende Vorarlberger Unternehmen übergibt.
Interesse nimmt zu
Das Interesse an der Gemeinwohlwirtschaft sei in ganz Europa stark, inzwischen gibt es Unternehmen und Mitglieder, die sich den strengen Prüfungen unterziehen, in 14 Ländern. Die Zahl der Organisationen und Firmen ist inzwischen auf 600 in Österreich und 3000 in Deutschland gestiegen. Angeklopft haben bei den Gemeinwohlökonomen inzwischen auch DAX-Konzerne. Neu wurde in Vorarlberg z. B. der Lebensmittelhändler Gunz zertifiziert, der sich damit verpflichtet, nicht nur ökologisch und ökonomisch ethisch zu handeln, sondern auch das Wohl der Mitarbeiter und Kunden nicht aus den Augen lässt. „Viele Menschen wählen ihren Arbeitsplatz anhand der Gemeinwohlbilanz“, sagt Felber, der betont, dass sich die Ansprüche gewandelt haben. „Für junge Menschen ist Geld nicht mehr alles.“ Das Ökonomiemodell, das noch vor wenigen Jahren von der Wirtschaftskammer abgelehnt wurde, ist heute auch dort hoffähig, freut sich der Wiener Autor darüber, dass nun sogar WKV-Präsident Hans Peter Metzler das Modell unterstützt. Im Bankbereich legen die Sparkasse Dornbirn und die Raiffeisenbank Lech schon seit Jahren eine Gemeinwohlbilanz, die – so ist aus den Banken zu hören – für die Kunden ein wichtiges Argument ist.
Deshalb gebe es, so Felber, auch den Plan, in Vorarlberg ein regionales Gemeinwohlkonto ins Leben zu rufen. Derzeit laufen „konstruktive Gespräche“. Nachdem der Plan einer Gemeinwohlbank an den Zulassungshürden gescheitert ist, habe man solche Konten mit Partner-Geldinstituten geschaffen und damit quasi eine „Bank in der Bank“, die neben den bisherigen Kontrollinstrumenten auch nach ethischen Gesichtspunkten – „nach den wahren Werten“ bilanzieren. Dass dies eines nicht allzu fernen Tages selbstverständich sei, „ist die Zukunft“, zeig sich der Wirtschaftswissenschaftler im Gespräch mit den VN zuversichtlich.
Zurück zur „Revolution in Wirtschaftswissenschaft“: Es sei Zeit, die neoklassischen Modelle zu überdenken, denn es zeige sich spätestens seit Fridays for Future, dass die Wirtschaftswissenschaft nicht liefere, keine Antworten auf die aktuellen Themen und jene der Zukunft habe. VN-sca
Zur Person
Christian Felber
Autor, Initiator der Gemeinwohl-Ökonomie
Geboren 9. Dezember 1972
Ausbildung Studium romanische Philologie und Spanisch, Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie
Laufbahn 2008 bis 2017 Lektor an der Wirtschaftsuniversität Wien, weitere Lehraufträge
Neues Buch This is not Economy
Forum Ethik & Wirtschaft, Podiumsdiskussion Gemeinwohl-Ökonomie trifft Fairtrade, heute 5. 2. 19 Uhr, Mäder J.J.Ender-Saal