So sieht es auf dem Arbeitsmarkt aus

In Vorarlberg sind mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden.
Schwarzach, Wien „Bei den Maßnahmen, mit denen Frauen unterstützt werden sollen, die durch die Krise ja besonders betroffen sind, kratzt die Bundesregierung weiterhin an der Oberfläche“, sagt Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter in einer ersten Reaktion auf die Pressekonferenz zum Thema „Frauen am Arbeitsmarkt“ der Frauenministerin Susanne Raab und Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher am Dienstag.
Kinderbonus und Steuersatz
Die beiden ÖVP-Politikerinnen kündigten “Maßnahmen für Frauen am Arbeitsmarkt“ an, da diese besonders betroffen seien von Corona und dem Shutdown. Sie zählten am Dienstagvormittag denn auch jene Hilfen auf, die es schon gibt – vom Kinderbonus bis zur Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent, was bei einem Bruttogehalt von 1600 Euro 255 Euro Entlastung bringe. Anfang August waren 182.782 Frauen in Österreich arbeitslos, 201.169 Männer hatten zum gleichen Zeitpunkt keine Arbeit.
Der Frauenarbeitslosigkeit wollen die Ministerinnen mit die neue AMS-Arbeitsstiftung für 100.000 Arbeitslose beikommen. Ziel sei es, dass Frauen nach der Krise wieder gleich gut bezahlte Arbeitsplätze wie vor Corona bekommen, so Raab. Unterstützung für Raab und Aschbacher gab es lediglich vom Koalitonspartner. „Mit der Arbeitsstiftung wird jetzt die von Arbeitsmarktexpert*innen und NGOs als dringend notwendige berufliche Weiterqualifizierung, Umschulung oder Umorientierung für Frauen aus diesen Branchen möglich“, betont Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen. Neben den Neos beklagen auch SPÖ und Gewerkschaft die frauenpolitischen Maßnahmen der Regierung in der Coronakrise. Die Oppositionsparteien zeigten sich enttäuscht von den Ansagen. Die Frauensprecherinnen vermissen konkrete Maßnahmen, die Gewerkschaft ebenso.
Auch in Vorarlberg traf die Arbeitslosigkeit vor allem Berufe, in denen mehrheitlich Frauen beschäftigt sind. 64 Prozent aller Angestellten im Dienstleistungssektor sind Frauen, in der Gastronomie liegt der Frauenanteil bei 60 Prozent, im Handel bei 59 Prozent. „Diese Branchen waren vom Shutdown besonders betroffen“, bestätigt Bernhard Bereuter, Chef des Vorarlberger Arbeitsmarktservice (AMS). Allerdings hat sich die Zahl der Arbeitslosen etwas mehr in Richtung Männer verschoben.
Mehr Männer als Frauen
In Vorarlberg waren vor einem Jahr 49,3 Prozent aller Arbeitslosen in Vorarlberg Frauen, also 50,7 Prozent Männer. Und heute? „Wir differenzieren nicht zwischen vor Corona und nach Corona. Man kann also gar nicht wirklich feststellen, wer jetzt als coronaarbeitslos gilt“, erläutert Bereuter. Was man aber sagen kann: Aktuell sind 51,3 Prozent aller arbeitslosen Menschen in Vorarlberg männlich, 48,7 Prozent sind weiblich. In Vorarlberg sind also wie auch österreichweit etwas mehr Männer als Frauen arbeitslos geworden. Bereuter fährt fort: „Der Industriebereich war auch betroffen, dort arbeiten 74 Prozent Männer.“ Die Baubranche mit einem Männeranteil von 85 Prozent hat hingegen weniger Auswirkungen gespürt.
Was Familienarbeit betrifft, hat die Coronasituation das Pendel hingegen auch in Vorarlberg Richtung Frauen ausschlagen lassen, wie Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker erklärt. Ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Männer hätten österreichweit ihre Arbeitszeit verkürzt. „Es sind auch Männer, die vermehrt eine Rolle zu Hause übernommen haben. Aber es sind vor allem Frauen“, fährt Wiesflecker fort. Das liege einerseits daran, dass der Mann eben mehr verdiene, andererseits aber auch, dass man sich in Krisenzeiten oft in Rollen zurückziehe, die Sicherheit geben. Wiesflecker ist überzeugt: „Frauenpolitisch hat Corona sicher einen Rückschritt gebracht, weshalb man jetzt bei Beschäftigungsprogrammen und Impulsprogrammen besonders darauf achten muss, wie sie auf Frauen wirken.“
Wiedereinstieg großes Thema
Auch das Arbeitsmarktservice Vorarlberg investiert in Frauenförderung. „Frauen werden statistisch gesehen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt, weshalb wir mehr Geld dafür einsetzen. Unser Ziel lautet immer, dass wir 50,4 Prozent unseres Budgets für Frauen verwenden“, schildert AMS-Chef Bereuter. Es gibt Frauenberatungszentren in jedem Bezirk, es gibt das FIT-Programm, das Frauen in technische und handwerkliche Berufe bringen soll, der Wiedereinstieg sei ein großes Thema.
Text: Andreas Scalet & Michael Prock
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