Warum die Vorarlberger Banken Alarm schlagen

Kreditinstitute fordern Aussetzen von europäischen Kreditvorschriften bis zum Pandemie-Ende.
Feldkirch, Dornbirn Die Corona-Kredithilfen wie staatliche Garantien und gesetzliche Stundungen haben bislang gut gewirkt, verdecken aber auch viele Schwierigkeiten. Das hielt vor Kurzem die Nationalbank fest. Die wahren wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise werden sich vor allem bei jenen, die vorher schon Probleme hatten, erst zeigen. Trotz niedriger Zinsen ist es generell für viele Firmen schwerer geworden, Kredite zu bekommen. Die Banken haben wegen höherer Risiken die Vergabekriterien verschärft.
Die Hände gebunden
Dafür gibt es Gründe, die schon während der Coronazeit ins Treffen geführt wurden, eben die bereits genannte wirtschaftliche Situation mancher Unternehmen. Aber auch europäische Bankregularien verhindern die wirkungsvolle Unterstützung für Unternehmen durch ihre Banken. Deshalb schlägt Werner Böhler, Sprecher der Vorarlberger Banken und Vorstandsvorsitzender der Dornbirner Sparkasse, Alarm.
„In der Pandemiesituation sind die Regeln nicht nur unbrauchbar, sondern sogar schädlich.
Werner Böhler, Sprecher der Vorarlberger Banken
„Durch Stundungen können wir vielen Unternehmen eine enorme Entlastung bieten. Wenn die Stundungen aber durch den Wegfall der Forbearance-Erleichterungen (siehe auch Stichwort unten) zum Problem der Banken werden, dann sind auch uns die Hände gebunden, großzügig Stundungen zu gewähren. Da muss unbedingt eine Sondersituation weitergeführt werden“, insistiert Böhler und führt aus: „In der noch dauernden Pandemiesituation ist das Forbearance-Instrumentarium nicht nur unbrauchbar, sondern sogar schädlich. Banken könnten dadurch ihrem Auftrag, in dieser Zeit Partner der Wirtschaft zu sein, was sie bislang nachweislich unter Beweis gestellt haben, nicht mehr nachkommen.“
Der mit Ende September 2020 ausgelaufene Forbearance-Schutz der einschlägigen Richtlinien der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) zu Moratorien – der Übereinkunft zwischen Gläubiger und Schuldner, den Schuldendienst vorübergehend auszusetzen oder aufzuschieben – sollte, so fordert Böhler, in Anbetracht der Situation neuerlich eingeführt werden oder alternative Aufsichtsmaßnahmen angedacht werden.
Die vom Bund verbürgten COVID-Finanzierungen seien nach heutigem Wissen mit einer deutlich zu geringen Laufzeit vergeben wordern. Das führe zu erhöhten Rückzahlungsbelastungen der Unternehmen. „Hier wären dringend Verlängerungen der Laufzeit dieser Kredite erforderlich, um die Unternehmen zu entlasten.“
Bestimmungen lockern
Eine weitere Forderung der Kreditwirtschaft im Land richtet sich an die Regierung, die aktuellen Bestimmungen des Unternehmensreorganisationsgesetzes zu lockern. „Durch die coronabedingt zu erwartenden negativen Bilanzen werden viele Unternehmen an die im Gesetz festgelegten Grenzen stoßen und dadurch große Probleme bekommen“, betont Bankensprecher Werner Böhler.
Stichwort Forbearance
Durch bankseitige Zugeständnisse aufgrund finanzieller Schwierigkeiten des Kreditnehmers („Forbearance“) wird eine Verzögerung bzw. Vermeidung der Ausfälle und somit eine Verzerrung der Informationen über die tatsächliche Kreditqualität des Bank-Exposures (offene Risikopositionen) bewirkt. Daraufhin hat die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) Meldeanforderungen zu Forbearance festgelegt und 2013 in Kraft gesetzt. Die Richtlinie fordert eine besondere Kennzeichnung der als „forborne“ klassifizierten Kreditnehmer. Ein Kreditnehmer gilt dabei dann als „forborne“, wenn er Vertragsbedingungen wegen finanziellen Schwierigkeiten nicht einhalten kann und die Vertragsbedingungen so geändert werden, dass der Kreditnehmer seine Verpflichtungen wieder erfüllen kann.