Was ein Schiff im Suezkanal mit Vorarlberg zu tun hat

Festliegendes Schiff bringt Lieferketten der Vorarlberger Wirtschaft zum Erliegen.
Wolfurt, Lauterach Bei den Disponenten der Spedition JCL laufen die Telefone heiß, berichtet Elke Böhler, Geschäftsleiterin der Region West des Spediteurs, über die letzten Tage. Die Anrufer sitzen in den Vorarlberger Industriebetrieben, die entweder Ware in den Fernen Osten und hauptsächlich nach China liefern wollen oder umgekehrt auf wichtige Waren und Bauteile warten, die bei der Produktion in Vorarlberg benötigt werden. Doch am Nadelöhr Suezkanal geht derzeit nichts, weil das Containerschiff „Ever Given“ auf Grund gelaufen ist. „Auf dem Schiff haben wir keine Container, aber die Sperre sorgt für Verzögerungen im gesamten Schiffsverkehr zwischen Asien und Europa“, so Böhler im VN-Gespräch. Unter den Wartenden sind auch Fahrradproduzenten, die auf Nadeln sitzen, weil sie volle Auftragsbücher haben und die Zweiräder dringend in Auslieferung bringen müssen. Corona hat für einen Fahrradboom gesorgt.
Höchste Alarmbereitschaft
Bei Gebrüder Weiss sorgt der Unfall im Suezkanal ebenfalls für höchsten Alarm – die Lauteracher Spedition hat Ware auf dem 400 Meter langen und 59 Meter breiten festgefahrenen Containerschiff, so Firmensprecher Merlin Herrmann auf VN-Anfrage. Doch nicht allein das Schiff verursacht Sorgen, vor allem sind es die Staus. Im Durchschnitt passieren 51,5 Schiffe täglich, rund 19.000 im Jahr den Kanal. Er erspart zwischen Singapur und Rotterdam einen Umweg von rund 6000 Kilometern. Bislang warten über 200 Schiffe darauf, dass in Bälde der Kanal wieder frei wird für die Schifffahrt. Aber es gibt bereits Reeder, die ihre Schiffe umrouten, weiß Böhler.
„Auf dem Schiff haben wir keine Container, aber die Sperre sorgt für Verzögerungen im gesamten Schiffsverkehr zwischen Asien und Europa.“
Elke Böhler, GF Region West JCL
Die Schiffspanne kommt für die Logistikbranche und ihre Kunden zu einer Unzeit. Die Coronapandemie hat zuerst für komplette Unterbrechungen der Lieferketten gesorgt, und seither für ein erhöhtes Transportaufkommen, das von den Spediteuren nur mit erheblichem Einsatz bewältigt werden kann. Betroffen vom Stau sind alle Speditionen, die im weltweiten Warenverkehr tätig sind. Rund zwölf Prozent des weltweiten Containervolumens werden durch den Suezkanal verschifft.
Die Havarie des Schiffes verursacht einen Domino-Effekt, der sich nachteilig auf die Zeitplanung in den Lieferketten der Kunden auswirkt: „Die Importeure in Österreich und Vorarlberg müssen mit Verspätungen ihrer Waren bis zur Ankunft der Schiffe in den europäischen Häfen rechnen. Das hat wiederum zur Folge, dass es auch in den Häfen zu Spitzenbelastungen und damit Verzögerungen kommt. Das Gleiche gilt für die Auslastung der Bahntransporte nach bzw. von Österreich, da der Großteil der Seefracht von bzw. zu den Häfen auf der Schiene geliefert wird“, so Weiss-Sprecher Hermann gegenüber den VN. Während die ägyptische Regierung von drei Tagen spricht, bis der Schiffsriese wieder fahren kann, gehen Experten davon aus, dass es bis zu einer Woche oder noch länger dauern könnte, bis die Schiffsstraße wieder ungehindert befahren werden kann.