“Es braucht mehr Ehrlichkeit”

Markt / 01.07.2021 • 22:11 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Magnus Brunner ist Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. vn/Steurer
Magnus Brunner ist Staatssekretär im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. vn/Steurer

Staatssekretär Magnus Brunner: “Wer Klimaschutz will, darf nicht gegen Infrastruktur sein.”

Frastanz Für Staatssekretär Magnus Brunner, der die Festansprache bei der Top-100-Veranstaltung hielt, geht es bei der Klimaschutz-Diskussion nicht um Entweder-Oder. Die Wirtschaft sei vielmehr Teil der Lösung.

 

Wie sehen Sie die aktuelle Klimaschutz-Diskussion? Täuscht der Eindruck, dass es oft eine Entweder-Oder-Diskussion ist: entweder wirtschaftlicher Erfolg oder Klimaschutz?

Brunner Ja, das UND ist genau das Entscheidende. Wirtschaft und Klimaschutz schließen sich nicht aus. Die Wirtschaft ist Teil der Lösung, und wenn man eine intelligente Klima- und Energiepolitik macht, ist das eine riesige Chance für den Standort und die Arbeitsplätze. Wir haben mit der Investitionsprämie versucht, die Weichen zu stellen. Ein Großteil der Unternehmen investiert in ökologische und digitale Projekte. Zudem bedeutet das Erneuerbaren Ausbau Gesetz ein Investitionspaket von zehn Milliarden Euro.

 

Bedeutet für Sie intelligente Klimapolitik auch Technologieoffenheit?

Brunner Ja, ganz klar. Wir werden die Klimaziele nur erreichen, wenn wir auf Innovation setzen. Wir kennen auch erst 30 Prozent der Technologien, die wir dafür brauchen. In diesem Zusammenhang ist die Technologieoffenheit entscheidend. Natürlich werden die E-Autos eine Rolle spielen, aber eher im urbanen Individualverkehr. Es wird auch Alternativen brauchen, wie Wasserstoff für lange Strecken und den Schwertransport. Und wir müssen für die bestehenden Motoren alternative Treibstoffe finden, wie E-Fuels beispielsweise. Ich bin gegen Verbote. Man darf den Motor an sich nicht verteufeln. Man muss schauen, dass es grüner wird.

 

Klimaschutz bedingt auch den Bau von Infrastruktur. Nicht nur Ladesäulen und Schiene, sondern auch Straßen. Ist dieses Bewusstsein ausreichend vorhanden?

Brunner Es braucht da schon mehr Ehrlichkeit in der Diskussion. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn man den Klimaschutz will, braucht man auch entsprechende Infrastruktur. Da geht es nicht nur um Straße und Schiene, sondern auch um Netze und Anlagen, die es braucht, um erneuerbare Energie zu produzieren. Wenn man am Freitag für mehr Klimaschutz auf die Straße geht, muss man am Montag auch dafür sein, wenn es um Infrastrukturprojekte geht.

 

Wann folgt der Beschluss zum Erneuerbaren Ausbau Gesetz?

Brunner Es liegt in den letzten Zügen. Es ist jetzt durch den Ausschuss und sollte hoffentlich nächste Woche beschlossen werden. Da sind wir zuversichtlich.

 

Wie optimistisch sind Sie für die Luftfahrt im Sommer?

Brunner Ich bin da sehr optimistisch. Wegen der Lockerungen in der neuen Reiseverordnung, dem Grünen Pass, der in ganz Europa gilt, und dem Wegfall von Landeverboten. Auch bei den Reisebüros und Fluglinien nehmen die Buchungen zu.

 

Nachhaltigkeit und Fliegen wird nicht immer miteinander verknüpft. Was passiert in dem Bereich?

Brunner Die Austria Control hat dazu verschiedene Projekte. Da geht es um effizientere Flugrouten, um Treibstoff einzusparen oder um die Überflüge. Wenn diese gerader verlaufen, spart das CO2. Diese Maßnahmen bringen momentan insgesamt eine Einsparung von 100.000 Tonnen CO2 im Jahr. Das sind umgerechnet 2000 Flüge ans Mittelmeer. Zudem wird aktuell viel in die Entwicklung von alternativen Treibstoffen investiert. Auch Nachhaltigkeit und Fliegen schließen sich nicht aus.

 

Sie sind kein Befürworter von 9,90-Euro-Tickets. Es gibt den Plan, Airlines dazu zu verpflichten, passagierbezogene Steuern und Gebühren an die Endkunden weiterzugeben.

Brunner Ich bin ein Verfechter von mehr Kostenwahrheit. Das Taxi zum Flughafen darf nicht teurer sein, als der Flug selbst. Wir reden hier von rund 40 Euro pro Flug. Das national umzusetzen, ist aber nur die zweitbeste Variante. Eigentlich muss das auf europäischer Ebene gelöst werden. Wir sind hier mit vielen anderen Ländern in Kontakt und werden im Herbst einen Vorschlag dazu präsentieren. VN-reh