Arbeitsaufruf zieht weite Kreise

Von der Opposition bläst der ÖVP viel Gegenwind entgegen.
Schwarzach Landeshauptmann Markus Wallner hat sich zuletzt ungewohnt deutlich für das degressive Arbeitslosengeldmodell ausgesprochen – die VN berichteten. Wie bereits Arbeitsminister Martin Kocher und Bundeskanzler Sebastian Kurz, wünscht sich Wallner eine Überarbeitung des aktuellen Modells: Das Arbeitslosengeld soll zu Beginn höher sein, dann aber jährlich abgestuft werden. Dieses Modell ist in weiten Teilen Europas bereits Standard. Diese Aussagen riefen sogleich sämtliche Oppositionsparteien auf den Plan.
Die Mehrheit spricht sich gegen die Kürzungen aus. SPÖ Arbeitsmarktsprecherin Manuela Auer ist davon überzeugt, dass sich der Markt nicht von selbst regelt: „Besonders schlimm ist es für ältere Personen. Der Arbeitsmarkt ist derzeit nicht dazu in der Lage, ihnen eine berufliche Perspektive zu geben. Wer jetzt ernsthaft an eine Kürzung des Arbeitslosengeldes denkt, nimmt ihnen noch die letzte Würde.“
Auch ÖGB Landesvorsitzender Reinhard Stemmer kritisiert die Äußerungen und fordert stattdessen eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. „Die Nettoersatzrate muss auf mindestens 70 Prozent erhöht werden.“ Vorschläge zur Finanzierung dieses außergewöhnlichen Modells werden nicht mitgeliefert.
Die Grünen Vorarlberg sprechen sich ebenso gegen eine Verschärfung aus und halten das Ende der Zuverdienstmöglichkeiten für eine Armutsfalle. „Ich will keine Arbeitsmarktpolitik, die Menschen unter Druck setzt. Zusätzliche Verschärfungen und soziale Härten für Arbeitslose wird es mit uns nicht geben“, sagt Landtagsvizepräsidentin Sandra Schoch und weist auf das gemeinsame Regierungsabkommen hin. Dieses beinhaltet das Gegenteil dieser Verschärfung. Inwieweit sich ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Bundespartei von diesen Äußerungen beeindrucken lassen, bleibt abzuwarten.
Markus Wallner erntet aber nicht nur Kritik, vor allem in seiner Partei genießt er einen starken Rückhalt. ÖVP Arbeitsmarktsprecher Harald Witwer wundert sich über die Aussagen der Oppositionspolitikerin Auer: „Die aktuell günstige Konjunktur soll genutzt werden, um möglichst viele Menschen am Arbeitsmarkt unterzubringen. Voraussetzung dafür ist die Arbeitsmarktinstrumente gegebenenfalls zu optimieren. Das haben Markus Wallner und Johannes Kopf mit ihren Aussagen getan. Sie dafür zu kritisieren, halte ich für keine gute Idee.“
Zustimmung erhält die ÖVP von den Neos Vorarlberg. Zumindest am Beginn der Arbeitslosigkeit solle die Möglichkeit der geringfügigen Beschäftigung bleiben, jedoch mit einer zeitlichen Befristung. Johannes Gasser, Landtagsabgeordneter Neos, beansprucht die Idee für seine Partei: „Seit Jahren fordern wir Neos genau diese Änderungen ein. Eine zeitliche Staffelung des Arbeitslosengeldes ist nichts Außergewöhnliches, sondern in ganz Europa der Normalzustand.“
Das letzte Wort hat in dieser Angelegenheit die Bundesregierung. Arbeitsminister Martin Kocher will bis Dezember die „Arbeitslosenversicherung neu“ diskutieren. Die Ausarbeitung soll im ersten Quartal 2022 erfolgen, eine Umsetzung ist somit erst für 2022 oder 2023 denkbar. Eine Abschaffung der Notstandshilfe schließt Kocher aus.
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