“Fachkräfte sind der Engpassfaktor”

KMU-Experte Thomas Oberholzner sieht Aufschwung, aber auch Herausforderungen für Betriebe.
Dornbirn Wer, wenn nicht Thomas Oberholzner, weiß, wie es den kleinen- und mittleren Unternehmen im Land geht. Der Institutsleiter der KMU Forschung Austria spricht von einem deutlichen Konjunkturaufschwung und sieht große Teile der Wirtschaft, die in einer guten Situation sind. „Aber es gibt auch eine sehr unterschiedliche Betroffenheit. Während es dem Bau und baunahen Branchen sehr gut geht, ist der Tourismus je nach Ausrichtung immer noch betroffen.“
Insolvenzwelle nicht absehbar
Eine Pleitewelle, wie anfangs befürchtet, zeichne sich aber nicht ab. Auch wenn es wieder mehr Insolvenzen geben werde, sobald sich die rechtliche Situation wieder normalisiert habe und die Corona-Wirtschaftshilfen enden. Bezüglich der finanziellen Lage der Unternehmen habe man allerdings noch keine konkreten Daten vorliegen. „Fakt ist, dass die Hilfen sehr nützlich waren“, so Oberholzner.
Um die Eigenkapitalausstattung zu verbessern, gebe es verschiedene Vorschläge. Ein Wagniskapitalfonds sei aber nur für bestimmte Segmente wie Start-ups oder den IT-Bereich hilfreich. Für klassische Branchen wie das Handwerk oder die Gastronomie und damit für die breite Masse der Unternehmen ist das Instrument seiner Meinung nach aber nicht geeignet. „Wichtig ist nun eine gute Ertragssituation, um aus eigener Kraft wieder Eigenkapital aufzubauen“, so der KMU-Experte. Nichtsdestotrotz müsse man die Vielfalt an Finanzierungsformen erweitern. „Momentan ist die Bankenfinanzierung dominierend, dabei wären alternative Finanzierungsformen durchaus sinnvoll.“
Export vorantreiben
Wichtigkeit attestiert Oberholzner auch der Internationalisierung. „Diese ist durch Corona zurückgegangen. Somit gibt es im Export Nachholbedarf. KMU brauchen hier aber Unterstützung, weil sie dafür oft zu wenig Ressourcen haben.“
Potenzial nicht ausgeschöpft
Die zentrale Herausforderung für den Arbeitsmarkt und damit auch den Engpassfaktor sieht Oberholzner im Fachkräftemangel. „Dieser verhindert, dass das Potenzial der Betriebe voll ausgeschöpft wird.“ Der Mangel liege einerseits an der demografischen Entwicklung und andererseits an der Lücke, die zwischen Fachkräftebedarf der Unternehmen und der Ausbildung der arbeitslosen Menschen liegt. Hier sei ein Mix an Maßnahmen notwendig, denn das AMS stoße an seine Grenzen. „Man kann einen Lehrabschluss oder eine HTL-Matura nicht so einfach nachqualifizieren“, betont Oberholzner. Neben der Aktivierung arbeitsloser Menschen für den Arbeitsmarkt komme man auch an einer Zuwanderung nicht vorbei. Diese müsse allerdings zielgerichtet passieren.
„Wir befinden uns aktuell in einem deutlichen Konjunkturaufschwung.“
Zur Person
Thomas Oberholzner
Institutsleiter der KMU Forschung Austria
Ausbildung Studium Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien (Schwerpunkt u.a. Regionalökonomie/Wirtschaftsgeografie)
Laufbahn seit 1994 bei der KMU Forschung Austria im wissenschaftlichen Bereich tätig, seit 1998 Mitglied der Geschäftsführung des Instituts; Mitglied des Executive Committee des European Network for Social and Economic Research (ENSR)