Deshalb zittert Handel um Schweizer Kunden

Einkaufstouristen bleiben aus. Handel im Land mit hohen Frequenz- und Umsatzeinbußen.
Schwarzach Der Vorarlberger Handel konnte in den Jahren vor der Coronapandemie regelmäßig bessere Ergebnisse einfahren wie die Kollegen in den anderen Bundesländern. Für das Plus war eine Kundengruppe verantwortlich, die im März 2020 mit einem Schlag wegfiel – Schweizer und Liechtensteiner Konsumenten.
Und die fehlen bis heute. Bei der letzten Kaufkraftstromanalyse für Vorarlberg aus dem Jahr 2016 – eine neue ist laut Handelsforscher Roland Murauer (Fa. CIMA) gerade in Arbeit – trugen sie über 100 Millionen Euro zum Handelsumsatz im Land bei, bis 2020 ist der Umsatz mit den Nachbarn weiter gewachsen. War es beim ersten Lockdown noch ein Totalausfall haben sich die Zahlen wieder gebessert, sie gingen, je nach Öffnungsschritten nach unten und nach oben, wie Burkhard Dünser, Geschäftsführer des Dornbirner Messeparks, berichtet.
Einkaufsverhalten geändert
Unten sind sie immer noch. Der Feldkircher Lebensmittelkaufmann Jürgen Albrecht, dessen Markt an der Liechtensteinerstraße bis 2019 viele Stammkunden aus dem Fürstentum und der Eidgenossenschaft hatte, hofft, dass er diese wieder zurückgewinnt. Er spricht von einem Drittel der Kunden, die fehlen. „Diese Kunden haben ihr Einkaufsverhalten geändert und viele von ihnen möchten nicht mehr über die Grenze zum Einkaufen fahren“, analysiert er, und sagt, dass man versuche, dass man diese wieder gewinnen könne. „Das wird aber mühsam“, ist er sich klar.
Die Lage ist bei Spar insgesamt nicht viel anders, wie Spar-Vorarlberg-Chefin Carina Pollhammer bestätigt. „Die Auswirkungen sind enorm Wir haben rund neun Märkte in der Grenzregion, die alle um die 30 bis 40 Prozent Rückgang haben.“ Es pendle sich zwar wieder etwas ein, „doch wir haben bei weitem noch nicht die Zahlen erreicht, die wir vor der Krise hatten.“ Auch vermutet sie, dass wie in Österreich auch in der Schweiz der Trend in Richtung Regionalität und damit Stärkung des Schweizer Handels gehen könnte. Das stellt indes auch der Sprecher der Migros Ostschweiz, Andreas Bühler, im Gespräch mit den VN fest. „Wir haben noch keine aussagekräftigen Zahlen, doch die Tendenz, dass wieder verstärkt in den Migrosmärkten im Rheintal und im Rheinpark St. Margrethen eingekauft wird, bestätigt er. Wie in Vorarlberg ist auch in der Schweiz gerade eine Studie der Universität St. Gallen in Arbeit, sie wird im Juni veröffentlicht.
„Aktives Marketing“
Als Sprecherin des Vorarlberger Handels weist Carina Pollhammer darauf hin, dass es nicht nur die Lebensmittelhändler trifft, sondern dass der gesamte Einzelhandel zumindest im Rheintal vom Ausbleiben der kaufkräftigen Nachbarn betroffen ist – „auch das Handwerk und das Gastgewerbe leiden darunter“. Wenn nun weitere Einschränkungen fallen, müsse man auf ein aktives Marketing setzen.
Darauf setzt auch der Messepark, so Geschäftsführer Dünser. „Wir werden offensiv in der Ostschweiz und Liechtenstein werben“, sagt er. Der Messepark hatte vor den Lockdowns und Grenzschließungen rund 20 Prozent Kundschaft aus diesen beiden Ländern, der Rückgang liege über 40 Prozent, das sei für alle Geschäfte im Einkaufszentrum schwierig. Doch er sei optimistisch und hoffe, dass auch die Unsicherheiten bei den Kunden weichen, die nie wussten, ob sie kommen können oder nicht und welche Maßnahmen für sie gelten. Das treffe auch die Shops hart, doch man habe in der Krise diese Partnerschaft gepflegt und sei den Mietern in vielen Belangen entgegengekommen.
Umfrage: Wie trifft Sie das Minus bei Schweizer Kunden?
Das Ausbleiben der Kunden aus der Schweiz ist für den Handel im grenznahen Raum enorm. Wir müssen, wenn die Lockerungen greifen, umso aktiver im Marketing sein. Carina Pollhammer, Spar Vorarlberg, Obfrau Handel WKV
Wir haben bei der Frequenz der Schweizer Kunden ein Minus von rund 40 Prozent, bei den Umsätzen etwas weniger. Wir hoffen, dass sie zurückkommen, wenn die Maßnahmen das wieder zulassen. Thomas Saliger, XXXLutz
Noch haben wir keine aussagekräftigen Zahlen, doch die Tendenz bei den Kunden geht in Richtung Einkauf im eigenen Land, das konnten wir schon im vergangenen Jahr feststellen. Andreas Bühler, Migros Ostschweiz
Ein Teil unserer Kunden aus Liechtenstein und der Schweiz hat das Einkaufsverhalten geändert. Auf das Niveau von früher kommen wir derzeit nicht. Sie wieder zurückzugewinnen, wird mühsam. Jürgen Albrecht, Spar Albrecht