Deshalb werden Gebrauchtwagen knapp und teurer

Die Verwerfungen in den Lieferketten treffen nach den Neuwagen auch die gebrauchten Autos.
Schwarzach Der Dornbirner Joe S. ist auf der Suche. Er will sich ein neues Auto kaufen – einen Kombi, am liebsten mit einem Dieselmotor und viel Komfort. Nicht neu, denn er weiß, dass die Lieferzeiten lang sind – einen sogenannten Premium-Wagen hätte er gerne. Und er sucht seinen Traumwagen auf Gebrauchtwagenplätzen, im Internet, in Zeitungsinseraten. Allein – was er sucht, ist nur schwer zu finden. Denn die Lieferengpässe bei Neuwagen machen auch ihm einen Strich durch die Rechnung.
Weil der Nachschub an Neuen stoppt, schwinden auch die Bestände in den Autohäusern. Waren es im vergangenen Jahr noch 35.731 gebrauchte Fahrzeuge, über die Hälfte davon mit einem Dieselmotor, werden es heuer wohl weniger werden. Dass auch Gebrauchte ein rares Gut sind, zeigt sich auch bei den Preisen. Mit durchschnittlich 25.512 Euro befinden sich die Preise für österreichische Gebrauchtwagen im Jänner im Aufwärtskurs und sind gegenüber dem Dezember nochmals um 600 Euro gestiegen. Im Vergleich zum Jänner 2021 müssen Autokäufer im Schnitt um satte 18 Prozent mehr für den Gebrauchten zahlen, berichtet Autoscout 24 nach Auswertung der vorhandenen Daten. 21.644 Euro betrug der Durchschnittspreis noch vor einem Jahr, die Gebrauchtwagenpreise sind damit gegenüber dem Jänner 2021 um knapp 18 Prozent gestiegen. Vor allem die Oberklasse und obere Mittelklasse legen österreichweit preislich zu. Was für Österreich gilt, gilt auch für das westlichste Bundesland.
Nachschub fehlt
2020 fürchteten die Händler noch, auf ihren Gebrauchten sitzen zu bleiben, doch schon 2021 haben die Preise angezogen. „2022 haben alle Händler zu wenige Fahrzeuge im Hof“, sagt Christoph Gerster, Chef des gleichnamigen Autohauses. Es gebe fast keinen Händler, der genug Autos habe, so der Autohändler über die aktuelle Situation. Das liege daran, dass der Nachfluss gering ist. „Viele entschließen sich, ihr Auto weiter zu fahren. Auch von den Autovermietern, die sonst meist nach sechs Monaten die Autos austauschen, kommt nicht viel“, berichtet er. Er weiß auch von einem Kunden, der sein Auto nach einem Jahr verkaufte und den gleichen Preis bekommen hat, den er beim Kauf bezahlt hatte. Auch die neue Politik vieler Autoerzeuger heizt die Preise an. „Früher konnten wir ein Lager an Fahrzeugen halten, das geht jetzt nicht mehr, weil Autos nur geliefert werden, wenn sie vom Endkunden bestellt sind.“
Gottfried Koch, VW-Händler in Feldkirch, weiß ein Lied davon zu singen. „Das ist in der Branche generell ein Thema, es fehlt einfach der Nachschub.” Die gebrauchten Fahrzeuge seien allerdings „nicht eklatant“ überzahlt, stellt er fest, doch die Auswahl sei eingeschränkt. „Es gibt auch keine Querverkäufe unter Händlern“ – eine Praxis, die in normalen Zeiten durchaus gang und gäbe sei -, weil jeder schaue, dass er eine Auswahl auf seinem Gebrauchtwagenplatz zu bieten habe.
Etwas besser ist die Situation im Autohaus Ellensohn, das Standorte in Vorarlberg und Tirol hat. „Wir sind nicht so betroffen wie andere Händler, weil Toyota eine andere Politik verfolgt“, erklärt Ernst Ellensohn. Der Hersteller habe bei Neuwagen eine bessere Lieferfähigkeit als seine Mitbewerber: „Diese Lehre hat man aus der Situation um Fukushima gezogen.“ Tatsächlich sei es aber so, dass günstige Gebrauchtwagen, etwa gebrauchte Kombi, schwer zu finden seien. „Das hält aus meiner Sicht noch länger an.“ Die Ellensohn-Betriebe haben, so der Firmenchef, aber ein breites Angebot an Gebrauchten. Alle drei Händler raten ihren potenziellen Kunden, frühzeitig mit der Suche zu beginnen, wenn man zu einem bestimmten Zeitpunkt einen „neuen“ gebrauchten Wagen haben will.
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