Wieso die Pleiten im Land wieder zunehmen

Markt / 22.03.2022 • 17:50 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wieso die Pleiten im Land wieder zunehmen
VN

Unternehmensinsolvenzen im Land stark gestiegen, Privatkonkurse weiter zurückgegangen.

Feldkirch Vorarlberg verzeichnet bei den Firmeninsolvenzen ein Plus von 287,5 Prozent und steht damit hinsichtlich des Zuwachses an Firmenpleiten österreichweit an zweiter Stelle. In Vorarlberg schlitterten im ersten Quartal 2022 31 Unternehmen in die Pleite, hiervon wurden 13 Verfahren mangels kostendeckendem Vermögen nicht eröffnet.

Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Plus von 287,5 Prozent. Gemessen an den Zahlen des Jahres 2019 -und damit dem letzten „Normaljahr“- errechnet sich noch ein Minus von rund 14 Prozent. „Österreichweit hat gegen Ende des Jahres 2021 im Bereich der Unternehmensinsolvenzen eine Trendumkehr eingesetzt, die nun auch in Vorarlberg angekommen ist. Die aktuellen Zahlen befinden sich annähernd auf Vorkrisenniveau“, erklärt Victoria Schuchlenz, KSV1870-Standortleiterin in Vorarlberg.

Wieso die Pleiten im Land wieder zunehmen
31 Unternehmen meldeten in Vorarlberg im ersten Quartal 2022 beim Landesgericht Insolvenz an – ein Plus von fast 300 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021. VN

Die Entwicklungen der vergangenen Monate bestätigen, dass die über fast eineinhalb Jahre auf sehr niedrigem Niveau befindlichen Unternehmensinsolvenzen vor allem auch den staatlichen Eingriffen geschuldet waren – diese sind größtenteils mit Ende September 2021 ausgelaufen. „Die kommenden Monate werden zeigen, wie stabil das wirtschaftliche Fundament zahlreicher Unternehmen tatsächlich ist. Ist dieses nicht gegeben und besteht keine reelle Chance auf einen positiven Fortbestand des Unternehmens, erachten wir es als zielführend, frühzeitig eine Sanierung anzustreben, um zu retten, was zu retten ist“, so Schuchlenz.

Alle Bundesländer mit Plus

Die aktuellen KSV1870-Ergebnisse liefern für das erste Quartal 2022 ein selten einheitliches Bild in ganz Österreich. So verzeichnen alle neun Bundesländer deutlich mehr Unternehmensinsolvenzen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Wie bei den Privatkonkursen steht auch hier Tirol ganz oben: 80 Firmenpleiten bedeuten eine Steigerung von über 320 Prozent – geschuldet ist dies vor allem sogenannten „Nachholeffekten“ vergangener Monate. Dahinter folgen Vorarlberg (+ 287,5 Prozent) und Niederösterreich (+ 234,3 Prozent). Besser sieht es bei den Passiva der insolventen Firmen im Land aus. Diese verzeichnen mit 55,6 Prozent den deutlichsten Rückgang.

Ausblick: Internationale Krisen als Unsicherheitsfaktor

In Anbetracht der derzeit vorherrschenden Krisensituationen, denen die Wirtschaft ausgesetzt ist, sei eine seriöse Einschätzung der Insolvenzsituation für die kommenden Monate nur schwer möglich. „Aus heutiger Sicht liegt es jedenfalls im Bereich des Möglichen, erstmals seit Ausbruch der Pandemie ein Jahresergebnis zu erzielen, das auf ‚Vor-Krisen-Niveau‘ liegt“, so Schuchlenz.

Weiterhin auf sehr niedrigem Niveau sind die Privatinsolvenzen in Vorarlberg, sie sind sogar entgegen dem Bundestrend um 10,2 Prozent zurückgegangen. In Vorarlberg wurden im ersten. Quartal 2022 hochgerechnet 79 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Das entspricht einem Rückgang von zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Verglichen mit dem ersten Quartal des letzten „Normaljahrs“ 2019 beträgt der Rückgang sogar 25 Prozent. „Im Gegensatz zu den Unternehmensinsolvenzen, bei denen im ersten Quartal 2022 bereits eine Trendumkehr stattgefunden hat, kann bei den Privatkonkursen eine langsamere Annäherung an das „Vor-Krisen-Niveau“ beobachtet werden.

“Die kommenden Monate werden zeigen, wie stabil das wirtschaftliche Fundament zahlreicher Unternehmen tatsächlich ist.”

Victoria Schuchlenz, KSV 1870 Vorarlberg

Dies zeige auch einmal mehr, dass sich private Schulden meist über Jahre hinweg aufbauen, etwa durch übermäßigen Konsum, und selten von einem singulären Ereignis wie der Corona-Pandemie abhängen“ erklärt Schuchlenz. Vorarlberg kann den massivsten Rückgang der Passiva vermelden (- 64,3 Prozent), der damit begründet werden kann, dass im ersten Quartal 2021 mehrere Privatkonkurse über das Vermögen ehemaliger Selbstständiger mit Passiva jeweils in Millionenhöhe eröffnet wurden. Auch bei Privatkonkursen ist die weitere Entwicklung aufgrund der derzeitigen Lage schwer vorhersehbar.