Diese Firma produziert ihre Energie bald selbst

Frastanzer Verpackungs- und Papierspezialist baut eigenes Kraftwerk – 70 Millionen-Euro-Investition
Frastanz Sigrid Rauscher hat viele schlaflose Nächte hinter sich und wohl noch einige vor sich. Rauscher leitet die Rondo-Papierfabrik in Frastanz. Die prekäre Versorgungslage beim Gas lässt sie des nachts wachen. Das sollte – wenn auch nicht gleich – bald anders werden. Der Papier- und Verpackungshersteller Rondo Ganahl hat sich zur größten Investition in seiner Geschichte entschlossen und baut ein Reststoffkraftwerk, das nicht nur im eigenen Unternehmen für Energieversorgungssicherheit sorgt, sondern auch andere kommunale und Firmengebäude sowie Haushalte beliefern soll.
Die Planung hat bereits vor drei Jahren begonnen, die momentane Situation befördert das Projekt. “Es ist hoch an der Zeit, dass wir unsere Energieversorgung auf neue Beine stellen und damit Verantwortung für unsere Mitarbeitenden und Kunden übernehmen”, ist Rondo-Vorstandschef Hubert Marte überzeugt und vergisst nicht sowohl Bürgermeister Walter Gohm und den Landesräten Daniel Zadra und Marco Tittler für die gute und rasche Unterstützung in der Planungsphase zu danken. Die Gemeinde Frastanz hat das Projekt in der Gemeindevertretungssitzung am Dienstag begutachtet, nun sei man sofort an die Öffentlichkeit getreten, damit auch die Mitbürger in der Gemeinde von Anfang an einbezogen sind in die Kraftwerkspläne, so der Firmenchef.
Das Unternehmen ist Vorarlbergs größter Erdgasverbraucher mit 150 GWh an thermischer Energie. Das entspricht etwa dem Jahresbedarf von 10.000 Haushalten, so Vorstand Udo Nachbaur. In Betrieb gehen soll das Kraftwerk, das mit Reststoffen betrieben wird, Ende 2024 bzw. Anfang 2025. Zur Energiegewinnung werden 35.000 Tonnen Reststoffe, die bei der Papierherstellung anfallen oder bereits vorgereinigte Altpapierabfälle, die von Vorarlberger Entsorgern kommen verwendet. Jährlich fallen in Vorarlberg ca. 100.000 Tonnen dieser Reststoffe an, die bisher im benachbarten Ausland energetisch verarbeitet werden. Das Kraftwerk in Frastanz wird auf dem aktuellsten Stand der Technik ausgeführt, so Nachbaur um die maximale Qualität der gesamten Anlage und Filtersysteme zur Vermeidung von Emissionen zu bieten. Als Standort wurde eine bisher als Parkplatz genutzte Fläche auf dem Gelände von Rondo festgelegt.
Nach Inbetriebnahme wird damit 80 Prozent der benötigten Energie im Papierwerk bereitgestellt, die restlichen 20 Prozent sind, so Nachbaur notwendig, damit das Werk, das durchgehend in Betrieb ist, auch bei Revisionen oder bei einem Leistungsabfall die notwendige Energie bekomme.
Für Bürgermeister Gohm ist das Werk – die notwendigen behördlichen Eingaben sollen bis Ende des Jahres erfolgen – ein wichtiger und großer Mosaikstein für die Energieautonomie Frastanz. Sie werde die bereits bestehenden Anlagen, darunter drei Wasserkraftwerke und Photovoltaik-Anlagen der E-Werke ergänzen. Auch die Gemeinde werde die Nahwärme nutzen, auch Firmen wie die Brauerei Frastanzer und Dallmayr haben bereits Interesse angemeldet. Außerdem könnten darüber hinaus rund 500 Haushalte beliefert werden. Man werde jetzt evaluieren, wie groß die Nachfrage ist, so E-Werke Frastanz-Geschäftsführer Rainer Hartmann bei der Vorstellung des zur Gänze von Rondo-Ganahl finanzierten Werkes. Frastanzer, schon jetzt der größte Biobrauer im Land, will damit ebenfalls den Energiemix verändern. Derzeit verwendet die Brauerei ein Drittel Strom und zwei Drittel Gas.