Mutter Erde heizt uns ein

Markt / 15.11.2022 • 22:09 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Geothermie-Potenzial nutzen (v. l.): Geothermieforscher Gregor Götzl, Stefan Wehinger und Stefan Lukas Nachbaur, beide Fa. Enercret. VN/Steurer
Geothermie-Potenzial nutzen (v. l.): Geothermieforscher Gregor Götzl, Stefan Wehinger und Stefan Lukas Nachbaur, beide Fa. Enercret. VN/Steurer

Geothermie-Symposium: Potenzial der Geothermie als wichtiger Beitrag zur Energiewende nicht ausgeschöpft.

Schwarzach, Vandans Die „Mission 11“ des Energieministeriums soll dafür sorgen, dass Österreich durch den heurigen Winter kommt. Elf Prozent des Energieverbrauches sollen eingespart werden und das nicht nur in den Unternehmen, sondern insgesamt. Auch die Haushalte müssen ihren Teil dazu beitragen. In der öffentlichen Debatte werden als Maßnahmen für eine größtmögliche Unabhängigkeit von Erdgas der Ausbau der Wasserkraft, die Photovoltaik und – ein Lieblingsthema der Umweltministerialen – die Windkraft ins Treffen geführt. Was nicht vorkommt, aber z. B. in der Bundeshauptstadt Wien nun für Entlastung sorgen soll, wie am Montag bekanntgegeben wurde: Geothermie.

Energiefresser Heizung

Und das obwohl die Geothermie, also die Erdwärme, ganz erheblich dazu beitragen kann, dem größten Energiefresser in Haushalten die Zähne zu ziehen. „Die meiste Energie wird fürs Heizen verbraucht“, stellt Gregor Götzl von der Geologischen Bundesanstalt fest. Zahlen bestätigen seine Worte:  Ein Einfamilienhaus verbraucht durchschnittlich 22.400 kWh Wärmeenergie pro Jahr. Sie macht einen Großteil des Gesamtverbrauchs aus – oft über 80  Prozent. Dazu zählen Heizwärme und die Warmwasserbereitung. „Deshalb heißt Energiewende auch Wärmewende“, so Götzl beim Besuch in der VN-Redaktion.

Während die Wirtschaft in Vorarlberg, aber auch international, deshalb bei Neubauprojekten Geothermie im Energiemix längst berücksichtigt, ist bei privaten Wohnbauten nach einem Hoch in den 1990er Jahren die Geothermie lange Zeit kein Thema mehr gewesen. „Gas und Heizöl waren günstig, wurden subventioniert, Luftwärmepumpen waren in der Anschaffung günstiger“, stellt Stefan Wehinger, Geschäftsführer und Eigentümer der Enercret-Gruppe mit Sitz in Röthis fest, dessen Unternehmen international große Geothermie-Projekte umsetzt, z. B. für die vier aufsehenerregenden Wolkenkratzer „Four“ in Frankfurt am Main oder das Forschungszentrum von Astra Zeneca in Cambridge. In Vorarlberg sind derzeit Anlagen für die Firma Wohlgenannt in Dornbirn und die Vorarlberger Landesversicherung in Bregenz im Werden, auch für große Wohnanlagen sind Erdwärmeanlagen entstanden und weiter im Entstehen. Zum Vorteil für den Geldbeutel und das Klima.

„Der Beitrag der Geothermie zur Energieversorgung in den Alpen und in der D-A-CH-Region Bodenseeraum“, war denn auch das Thema des Geothermie Symposiums, das im Illwerke Konferenzzentrum in Vandans – übrigens zum ersten Mal in Vorarlberg – sowohl die Wissenschaft als auch die Branche zusammenbrachte. Diskutiert wurden neue wissenschaftliche Entwicklungen, Möglichkeiten des Einsatzes und natürlich die Lage in der aktuellen Energiediskussion.

Potenzial vorhanden

Auch heute ist die Errichtung einer Anlage nicht ganz billig, räumt Wehinger ein, doch dürfe man nicht vergessen, dass danach keine Kosten mehr anfallen, führt Wissenschaftler Götzl den wichtigsten Vorteil der Geothermie ins Feld. Die Kosten amortisieren sich – vor allem bei den heutigen Energiepreisen – relativ schnell, denn in der Folge fallen über Jahrzehnte weder Service- noch Energiekosten an.

Vorarlberg eigne sich sowohl für die sogenannte tiefe Geothermie, wie sie nun in Wien für die Fernwärmeversorgung angewendet wird, als auch für die oberflächennahe Geothermie, die besonders für Haushalte interessant ist, versichert Götzl und stützt sich auf die Potenzialanalyse zur tiefen Geothermie in Vorarlberg. VN-sca