Ein neuer “alter” Kapitän für die Vorarlberg Lines

“Bodensee Lines” wechselt den Besitzer: Wer jetzt übernimmt, was geplant ist und mehr über die Hintergründe und Herausforderungen.
Bregenz Die Schifffahrt gehört zum Bodensee wie die Bregenzer Festspiele. Seit 1884, deutlich später als die Schweiz und Deutschland, nahm die k.u.k. österreichische Staatsbahn das erste Personendampfschiff in Dienst. Damals nahm man Schiffe in Dienst, die bei wirtschaftlichem Misserfolg leicht wieder in Lastendampfer umgebaut werden konnten.
Doch Fracht wird in Bregenz schon längst nicht mehr zugeladen, deshalb war auch die Pandemie für das Schifffahrtsunternehmen, das auf einen funktionierenden Tourismus angewiesen ist, eine Herausforderung.

Alexandro Rupp als Alleineigentümer
Die Herausforderung hat der 59-jährige Alexandro Rupp, der das Unternehmen seit seiner Übernahme durch Baumeister Walter Klaus leitet, angenommen, und konnte die Flotte ruhig durch schweren Sturm bis heute leiten. Zur Flotte der Bodensee-Lines zählen das Eventschiff Sonnenkönigin sowie die Motorschiffe Vorarlberg, Austria, Alpenstadt Bludenz, Bregenz und Montafon, die sowohl im Linienverkehr als auch in der Ausflugsschifffahrt eingesetzt werden.
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Im Jahr 2005 verkauften die ÖBB die Bodenseeschifffahrt an die illwerke vkw sowie an die Walter-Klaus-Gruppe, die zuvor mit der Silvretta Nova im Montafon das Skigebiet auf den damaligen Stand der Dinge brachte und u. a. auch in Gastronomiebetriebe wie auch in andere Seilbahnen investierte. Im Jahr 2014 übernahm die Walter Klaus-Gruppe die Schifffahrt zu 100 Prozent. Nach dem Verkauf der Silvretta Nova wurden die übrigen Aktivitäten in der Silvretta Holding gebündelt, deren Geschäftsführer seit 2010 Werner Netzer und Alexandro Rupp sind.

Diesen Sommer nutzten wieder mehr Passagiere das Angebot bei Vorarlberg Lines. Vorarlberg Lines/Philipp Riess
Die Silvretta Holding ist bislang 100 Prozent-Eigentümer der Silvretta Schifffahrtsholding GmbH und der Silvretta Holding Verwaltung GmbH. Nun übernimmt Rupp als 100 Prozent-Eigentümer das Unternehmen, das in der vergangenen Saison wieder in Richtung Normalität steuerte. Vor der Pandemie machte die Schifffahrtslinie einen Umsatz von etwas über fünf Millionen Euro.
Starke Nachfrage
Die Vorarlberg Lines Bodenseeschifffahrt GmbH hat in der zu Ende gegangenen Sommersaison 2022 von April bis Ende September 357.204 Gäste an Bord begrüßt. Das bedeutete im Vergleich zum Pandemiejahr 2021 zwar eine Steigerung von 40 Prozent, die Zahlen blieben aber deutlich hinter den Werten von 2018 oder 2019 zurück. Gründe für die Steigerung der Passagierzahlen war Rupp “der herrliche Sommer 2022” und auch die starke Nachfrage nach Fahrten auf dem Motorschiff Sonnenkönigin, das seit 2020 von den Vorarlberg Lines vermarktet wird. Im vergangenen Jahr belief sich der Umsatz auf 3,6 Mill. Euro (2020: 2,6 Mill., 2019: 5,3 Mill., 2018: 5,4 Mill.).
Die Geschichte der Bodenseeschifffahrt
Der technische Fortschritt brachte Anfang des 19. Jahrhunderts eine sensationelle Neuerung – das Dampfschiff. Am 1. Dezember 1824 nahm der deutsche Raddampfer “Wilhelm”, von Friedrichshafen aus, seine Fahrt auf, womit die Geburtsstunde für die Bodenseeschiffahrt geschlagen hatte. Natürlich wollten auch die Vorarlberger eine eigene Schifffahrtslinie, allerdings erfüllte sich dieser Wunsch erst knapp sechs Jahrzehnte später. Der Ausbau der Eisenbahnlinie am See trug zu diesem Entschluß entscheidend bei. 1872 übernahmen die k. u. k. österreichischen Staatsbahnen die bereits bestehende Bahnlinie Lindau-Bludenz. Zehn Jahre später wurde der Entschluß gefasst, auch für Österreich eine Dampfschiffahrtsanstalt zu gründen. Am 1. Dezember 1883 nahm die k. u. k. Bodenseedampfschiffahrtsinspektion Bregenz ihrer Tätigkeit auf.
Da der alte staatliche Hafen von Bregenz den Anforderungen des neuen Schiffahrtunternehmens nicht mehr genügte, wurde er in siebenjähriger Arbeit zum drittgrößten Hafen des Bodensees ausgebaut.
“Habsburg” und “Austria”
Im Jahr 1883/84 wurde an jenem Platz, wo heute das Festspielhaus steht, eine provisorische Werft erbaut, in der die ersten österreichischen Glattdeckdampfschiffe (vorgefertigt bereits in der Werft Linz), “Austria” und “Habsburg”, fertiggestellt wurden. Ein Novum in der Geschichte der Bodenseeschiffahrt war die Schiffstaufe, bei der immer auch ein Geistlicher dabei war. Taufpatin der beiden ersten Dampfer war die in Bregenz wohnende Prinzessin Karolina von Thurn & Taxis. Laut Chronikberichten zerschellte die an einem Seil hängende Sektflasche erst nach mehrmaligen Versuchen am Bug der “Habsburg”. Nach altem Seefahreraberglauben bedeutet dies ein bevorstehendes Unglück. Das Malheur ließ auch nicht lange auf sich warten. Als die Taufpatin mit ihrem Gefolge die Tribüne verließ, brach das Holzgerüst zusammen und einige Gäste landeten im Wasser. Von da an galt die “Habsburg” als Unglücksschiff, eine Vorahnung, die sich einige Jahre später bestätigte. 1887 kollidierte sie nämlich mit der “Stadt Lindau” vor der Lindauer Hafeneinfahrt. Während der deutsche Dampfer sank, kam die “Habsburg” mit ein paar Schrammen davon. Drei Fahrgäste der “Stadt Lindau” kamen ums Leben, der Rest der Mannschaft konnte sich auf das österreichische Schiff retten.
Ein Höhepunkt für die Vorarlberger war jedoch der 20. September 1884. An diesem Tag nahm Kaiser Franz Josef I. die feierliche Betriebseröffnung vor, einen Tag darauf war er ebenfalls bei der Eröffnung des Arlbergeisenbahntunnels anwesend.
Die Vorarlberg Lines sind im Liniendienst tätig, bieten Rundfahrten und Events an. Überblick über die Aktivitäten auf vorarlberg-lines.at
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